KEIN INTERESSE An dieser Stelle müsste eigentlich ein begeisternder Text stehen, der die Möglichkeiten studentischer Mitbestimmung in den höchsten Tönen lobt. Aber das hilft nicht. Über das geringe Interesse an den Wahlen und die zahlreichen Versuche dies zu ändern.
VON HANNAH RAPP
Die Wahlbeteiligung an den SP-Wahlen der Uni Bonn lag in den letzten Jahren mehr oder weniger beständig bei um die 14 Prozent. Eine extrem niedrige Wahlbeteiligung, die das allgemein mangelnde Interesse an der Hochschulpolitik widerspiegelt. Studierendenparlamente gibt es in Deutschland erst seit den 60er Jahren und quasi seit der Einführung von SP-Wahlen ist die Wahlbeteiligung stetig gesunken. Es gibt seit Jahren Versuche – nicht nur in Bonn – Studierende für die Wahlen und die Hochschulpolitik zu begeistern. Zu den drastischsten gehört wohl die Aktion der Uni Köln, die 1966 mit der Verlosung eines von einem Autohaus gestifteten roten VW-Käfers unter allen Wählern warb und so eine grandiose Wahlbeteiligung von 62 Prozent erreichte.
»Rettet die Wahlen« (2015), »Miss-Wahl« (2013) oder »Ausgewählt« (2012) – unter diesen Titeln bemüht sich die fleißige AKUT-Redaktion seit Jahren darum, die Wichtigkeit der Beteiligung an der Wahl zu verdeutlichen und das Interesse am SP zu erhöhen. Wir führten Interviews zu den politikwissenschaftlichen Hintergründen der niedrigen Wahlbeteiligung (AKUT Nr. 327), machten im Hofgarten eine Umfrage, ob die Studierenden überhaupt wissen, was das SP ist (AKUT Nr. 324), begleiteten die Wahlleiterin bei ihrer Arbeit (AKUT Nr. 329) und stellten unermüdlich die Kandidaten vor. Viel getan hat sich in Sachen Wahlbeteiligung in den letzten 5 Jahren leider nicht.
Auch die Gründe für die geringe Wahlbeteiligung scheinen sich seit 2011 nicht verändert zu haben. Die Umfrage aus der damaligen AKUT ergibt Ähnliches, wie eine kleine Umfrage unter Studierenden im Dezember 2015: Nicht aus Desinteresse wird nicht gewählt, sondern aus Uninformiertheit. Die Infos zur Wahl gehen wohl in der Masse an Plakaten und Flyern an der Uni unter. Als weiteren, möglichen Grund dafür, dass nur wenige Studierende wählen, wird der Zeitpunkt der Wahl im Januar zeitlich nahe der Prüfungsphase genannt. Außerdem meinen viele, dass eine persönlichere Ansprache durch die Kandidaten sie zur Wahl motivieren würde.
An Pendlern und Erasmus-Studierenden scheint die Wahl sowieso vorbeizugehen, doch selbst Bib- und Uni-Maniacs fehlt teilweise der Durchblick in der Hochschulpolitik. Beeinträchtigend wirkt sich auch das Bachelor/Master-System aus – meistens verbunden mit einem Stadtwechsel nach dem ersten Abschluss und vielleicht noch einem Auslandsaufenthalt. Man denkt eh nichts bewegen zu können, beziehungsweise von den vorangetriebenen Veränderungen selber nicht mehr zu profitieren, da man vorher Stadt und Uni schon wieder verlässt. Doch der eigentliche Kern der Sache bleibt – trotz manchen durchaus nachvollziehbaren Gründen für das Nicht-Wählen – simpel: Sein Recht auf eine Wahl zu nutzen, ist immer wichtig! Durch die Urabstimmungen zur Unicard und zum Austritt aus dem fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften) sind diese SP-Wahlen besonders interessant und spannend. Sie könnten auch einen positiven Einfluss auf die Wahlbeteiligung haben: 2008, als an der Uni Bonn über das NRW-Ticket abgestimmt wurde, lag die Wahlbeteiligung nämlich bei über 30 Prozent. 20 Prozent der Studierenden, also etwa 7034 Studierende, müssten vom 18. bis zum 21. Januar 2016 zustimmen, damit der Beschluss bindend für die Organe der Studierendenschaft ist.
Ist das hier nun doch zu einem Wahlplädoyer geworden? Für das nächste Jahr wünsche ich der AKUT-Redaktion, ganz anders über die Wahl berichten zu können, weil es so viel Interesse daran gibt. Bis dahin hoffe ich auf ein kleines Wahlwunder und frage mich, wo ich auf die Schnelle einen roten VW-Käfer herbekomme. ◄