Das war's & Hörsinn?!

Das war’s

 

Ein Blick in Archivmaterialien bezeugt Veränderungen. Wird der Hofgarten heutzutage sommers wie winters rege genutzt, galten früher andere Spielregeln. Foto: Archiv

Ein Blick in Archivmaterialien bezeugt Veränderungen. Wird der Hofgarten heutzutage sommers wie winters rege genutzt, galten früher andere Spielregeln. Foto: Archiv

Hörsinn?!

Sie stammt aus einer Zeit, in der die Menschheit noch glaubte, Ostasien ungehindert über den Atlantik erreichen zu können, Gutenberg noch nicht den Buchdruck erfunden hatte und die Sonne noch um die Erde kreiste.
Dennoch ist die Vorlesung, die ihren Ursprung im Mittelalter zur Gründungszeit der ersten Universitäten hat, immer noch ein fester Bestandteil der Lehre an allen Hochschulen. Zu einer Zeit, in der Bücher noch nicht als Massenware galten und in mühevoller Handarbeit hergestellt werden mussten, war die Vorlesung organisatorisch die einzige Möglichkeit, Wissen, das der Dozent aus eigenen oder fremden Werken vortrug, an eine größere Gruppe zu vermitteln. Doch ist dies im Zeitalter des Internets und der Massenmedien noch eine ausreichende Begründung? Sind wir nicht mittlerweile bei der unabdingbaren Notwendigkeit von Interaktion überall und jederzeit angekommen?
Das Ziel jeder akademischen Bildung ist die Förderung des selbstständigen Denkens und kritischen Hinterfragens. Bereits Kant hatte vor der Erfindung von PowerPoint und Beamer und dem Aufkommen innovativer Lehrmomente die Idee, dass der Schüler „nicht Gedanken, sondern denken lernen soll“. Doch lernt man in einer Vorlesung nicht genau das Gegenteil? Als Beleg dafür, dass die Vorlesung als Lehrveranstaltung längst überholt ist und die Zuhörer bloß langweilt, könnte man die häufig bei Studierenden nach und noch häufiger schon während der Vorlesung eintretende Müdigkeit anführen. Liegt das etwa an der drastisch nachlassenden Kondition der Studierenden, die ein ausschweifendes Privatleben nach der Vorlesung nicht mehr so gut mit dem Unialltag vereinbaren können, oder strengt das vermeintlich bloße Zuhörern das Gehirn doch mehr an als man allgemein vermutet? Eine Vorlesung verlangt weit mehr, als das bloße ungefilterte Aufnehmen von Informationen. Von den Studierenden wird ein hohes Maß an Konzentration gefordert. Zudem wird beim Mitschreiben eine Auswahl von wichtigen Inhalten getroffen und der vorgetragene Stoff so bereits gefiltert und bewertet. Die Müdigkeit ist eher ein Anzeichen dafür, dass die Vorlesung eine Vielfalt von kognitiven Fähigkeiten erfordert. In welcher anderen Form der Lehrveranstaltung kann man außerdem das nötige Basiswissen vermitteln, das jede Disziplin der Wissenschaft erfordert.

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