Ankommen in Bonn

Gedanken über die Neubürgergutscheine der Stadt – Zur Anmeldung in der Stadt Bonn erhält man von eben dieser ein Gutscheinbündel. Theaterbesuche, Stadtrundführungen, Eintrittsvergünstigungen in Museen und Schwimmbädern – das alles, um den neu Zugezogenen das Ankommen in Bonn zu erleichtern. Ob das klappt?

Von Hannah Rapp

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Wie lange dauert es, bis man sich nach einem Umzug in eine andere Stadt nicht mehr neu, sondern heimisch fühlt? Wenn man sein Lieblingscafé entdeckt hat, in dem man schon aus Prinzip jedes Mal dasselbe bestellt? Oder wenn man auf der Straße angesprochen wird und tatsächlich den Weg zur gesuchten Adresse ohne Probleme erklären kann? Und wird man erst zum richtigen Bonner, wenn man einen spektakulären  Straßenbahnschienen-Fahrrad-Unfall  hatte oder sich vom Alle-mal-malen-Mann hat porträtieren lassen?

Ich bin jetzt seit ziemlich genau zehn Monaten in Bonn und fühle mich schon länger nicht mehr neu hier. Die Frage, ob ich mich angekommen fühle in Bonn, fiel mir wortwörtlich vor die Füße, als ich ein Buch aus meinen falsch zusammengebauten Billyregal zog und mir dabei meine „Neubürgergutscheine“ entgegenflatterten. Diese Gutscheine für Neubürger, die man bei seiner Anmeldung im wunderschönen Stadthaus erhält, schenken einem zum Beispiel den Eintritt für den Besuch in verschiedene Museen oder vergünstigen den Theaterbesuch und sollen wohl das Einleben in Bonn erleichtern. Eigentlich eine gute Sache, aber ich denke, den meisten ergeht es mit diesen Gutscheinen wie mir: Als ich im Theater mit Gutschein und Meldebestätigung ausgerüstet an der Kasse stand, hab ich mich gefühlt wie eine geizige Omi mit einem vergilbten Rabattmarkenheft, die an der Aldikasse den ganzen Verkehr aufhält. Nein, ich habe auch keine Paybackkarte! So sind die meisten meiner Gutscheine mittlerweile abgelaufen, ohne dass ich mehr einen davon eingelöst hätte.

Als ich mir diese ungenutzten Gutscheine  nun angeschaut habe, ist mir aufgefallen, wie wenige Bonn-Pflichtaktivitäten ich in den letzten Monaten abgeklappert habe. Aber wahrscheinlich ist es wirklich so: In den Städten, in denen man lebt, macht man gerade nicht die Dinge, die jeder Touri während seines Wochenendtrips abarbeitet. Und vielleicht sollte ich auch versuchen, mein schlechtes Gewissen deswegen wieder abzustellen. Denn auch wenn ich mich schon etwas schäme, dass ich in den letzten Monaten weder im Beethovenhaus war, noch eine Rheinfahrt gemacht habe, kann man dies wohl nicht als Maßstab für das Gefühl des Angekommen-Seins nehmen.

Was beim Ankommen hilft, ist wahrscheinlich für jeden anders und im Nachhinein auch nicht mehr greifbar. Ich hätte zwar dank der Gutscheine umsonst Tangotanzen lernen oder einen Gemmenabguss im Akademischen Kunstmuseum erhalten können, aber ob mir das tatsächlich geholfen hätte, mich mehr „Zuhause“ in Bonn zu fühlen, bezweifle ich doch. Eine Faustregel könnte aber sein: Angekommen ist man spätestens dann, wenn alle Neubürgergutscheine abgelaufen sind. ¬

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