Mit dem Pflugsimulator aufs Feld

AUSSTELLUNG  Die Ausstellung »Revolution jungSteinzeit« im LVR-Landesmuseum zeigt bis April Fundstücke aus der Zeit, in der die Menschen sesshaft wurden. Auch im Rheinland finden sich noch heute Spuren aus der Jungsteinzeit. Wie lebten die Menschen damals?

VON MAIKE WALBROEL

(Foto: Maike Walbroel / AKUT)

(Foto: Maike Walbroel / AKUT)

In der Colmantstraße bekommt man eine ungefähre Ahnung davon, wie jungsteinzeitliche Behausungen aussahen. Gebaut wurde natürlich mit Holz, die Häuser waren teilweise über 60 Meter lang und hatten eine Wohnfläche von 100 bis 350 Quadratmetern. Für die ca. zehn Bewohner war also reichlich Platz vorhanden. Damit es im Inneren nicht kalt oder nass wurde, »verputzten« die Menschen ihre Wände mit Lehm und dichteten die Dächer ab, die meist mit Holz, Rinde oder auch Getreide gedeckt waren. Der Rohbau eines solchen Langhauses steht derzeit vor dem Museumsgebäude.

Zum Überleben brauchte es allerdings auch damals schon mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Energie musste her und zwar in Form von Nahrung. Wer nun an karge Kost in Form von Nüssen, Beeren und Wurzeln denkt, irrt gewaltig: Gerste, Honig, Brot, Pilze, Fenchel, Sellerie, Linsen, Erbsen, Brombeeren, Erdbeeren, Vogeleier und Salz sind nur einige Beispiele für Nahrungsmittel, die es damals schon gab. Dieser Speiseplan ist natürlich noch nicht vollständig – Fleisch, aber auch Milcherzeugnisse gehörten vor 7000 bis 5000 Jahren schon dazu.

Anstatt weiterhin zu jagen, wurden Tiere domestiziert und versorgten die Menschen mit Milch, Trockenkäse und –quark, aber auch mit Fleisch. Das eigene Vieh war allerdings recht wertvoll und nicht in erster Linie als Fleischlieferant gedacht.

Beim Ackerbau konnten Ochsen helfen – z.B. vor einem Pflug. Dass Pflügen mehr ist, als hinter einem Tier herzulaufen, das schweres Gerät über das Feld zieht, kann man selbst ausprobieren: Mit dem Pflugsimulator im Museum. Während man den Pflug mühsam in die Erde drückt, bewegt sich auf einem Bildschirm ein Ochse über das Feld – jede Unsicherheit quittiert er mit einem Muhen. Am Ende gibt es eine Rückmeldung über die eigenen Fähigkeiten als Ackerbauer.

Gejagt und gefischt wurde natürlich weiterhin – mit Waffen. Diese herzustellen war recht langwierig: Jede Speer- oder Pfeilspitze musste von Hand auf einem Schleifstein bearbeitet werden – auch das können die Besucher des LVR-Museums versuchen. Von der Steinzeit spricht man übrigens, weil archäologische Funde aus dieser Zeit vor allem aus Stein sind

Die harte tägliche Arbeit ging nicht spurlos an den Menschen vorbei: Manche bekamen von ständigen Erkältungen chronische Entzündungen, andere brachen sich bei der Arbeit den Arm. Heute wäre das alles leicht zu behandeln – in der Jungsteinzeit aber wussten die Menschen meist nicht einmal, was genau ihre Schmerzen auslöste. Einen Eindruck davon gewinnt man, wenn man am sogenannten »Schicksalsrad« dreht: Das Rad bleibt bei einer Person stehen und diese erzählt ihr persönliches Schicksal – von der schweren Arbeit und ihren körperlichen Beschwerden. Unwetter, Dürre oder Schädlingsbefall konnten ebenso wenig beeinflusst werden wie die eigene Gesundheit. Waren die Menschen krank oder ihre Ernte verdorben, so konnte dies das Ende einer Sippe bedeuten.

Eine Revolution im herkömmlichen Sinne gab es in der Steinzeit nicht, aber mit den Erfindungen – u.a. dem Rad – und den neuen Behausungen brachen die Menschen vor ca. 7000 Jahren mit ihrem bisherigen Leben als Jäger und Sammler. Die moderne Zivilisation entstand, in der mehrere Menschen in festen Häusern als Dorfgemeinschaften zusammen leben, ihre Nahrung selbst anbauen, Vieh halten und aktiv Einfluss auf die Natur nehmen. Der Titel der Ausstellung ist somit leicht irreführend. Im Museum finden sich neben Steinen und Scherben aber auch originalgetreue Nachbauten von Alltagswerkzeugen und Gebrauchsgegenständen. Der Schwerpunkt liegt auf Fundstücken der großen Ausgrabung einer Siedlung in Köln-Lindenthal Anfang des vorigen Jahrhunderts. Ausgestellt sind Tonscherben, aber auch Originalfotos von den Grabungen und ein Lageplan des steinzeitlichen Dorfes.Aus der Jungsteinzeit bleiben uns nicht nur tote Steine, sondern auch wichtige Erfindungen. Wer erfahren möchte, wo unser modernes Leben in seiner Grundform herkommt, der kann dies bei einem Besuch im LVR LandesMuseum Bonn erfahren. Der Eintritt ist für Bonner Studierende übrigens frei.

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