Skandale gab es schon immer in der Kunstwelt. Von Hochrenaissance bis in die moderne Popkultur, von Albrecht Dürer bis Heidi Klum. Die Ausstellung „Skandal“ der Ausstellungsgruppe Bonn zeigt ein Thema, das immer aktuell sein wird.
Von Jana Kipsieker & Kati Engelmann
„Ich stimme nicht mit dem überein, was du sagst, aber ich werde dein Recht, es zu sagen, bis in den Tod verteidigen“
— Voltaire (1694–1778)
Es ist tragisch, dass der verheerende Angriff fundamentaler Islamisten in Paris auf die Satirezeitschrift Charlie Hedbo und einen jüdischen Supermarkt, bei dem insgesamt 17 Menschen ihr Leben verloren, mit der Eröffnung der neuen Ausstellung „Skandal – Ausgewählte Kontroversen in der Kunst“ im Paul Clemen Museum der Universität Bonn kollidiert.
Karikaturen als Form des künstlerischen Ausdrucks, der mit Humor und Ironie gesellschaftlich relevante Inhalte thematisiert und kommentiert, sind unabänderlich Teil der Presse- und Meinungsfreiheit innerhalb des demokratisch säkularen Systems.
Die Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison (*1931) sagte einmal: „All good art is political.“ Künstler und ihre Kunstwerke halten der Gesellschaft mitunter radikal und provokativ den Spiegel vor, sie werden daher nicht selten als Störfaktoren wahrgenommen (Martin Kippenberger) und ihnen wird mit Zensur (Gustave Courbet) oder Gewalt (Ai WeiWei) gedroht. Potentaten fürchten seit jeher die Macht der Kunst, da sie entscheidenden Einfluss auf den Wandel des Zeitgeistes nehmen kann, wenn sie von der Gesellschaft kritisch hinterfragt und gedeutet wird. Die Wichtigkeit dieses Diskurses zeigt uns ein Blick in die Kunstgeschichte! Die Ausstellungsgruppe Bonn, eine studentische Initiative junger Kunsthistoriker, zeigt in ihrer neusten Schau einen Schnitt 500 Jahre Skandalgeschichte.
Blickt man in die aktuelle Ausgabe des Klatschmagazins „OK!“ so erfährt man, dass der größte Skandal des Jahres 2014 ein „Nipplegate“ Heidi Klums gewesen sein soll, mit dem sie ihren intellektuellen eventuell Bald-Schwiegervater Julian Schnabel verärgerte.Wie mögen die Schlagzeilen 1507 geheißen haben, als Albrecht Dürer erstmals seine „Nackete“ überlebensgroß dem Publikum präsentierte? Oder in welchem Zusammenhang lässt sich die homosexuelle Selbstinszenierung ala „It’s coming (…) from the ashes of the gay: Democracy is coming to the U.S.A“ eines Robert Mapplethorpe, 1978, hinsichtlich der Entwicklung demokratischer Grundrechte in den Vereinigten Staaten deuten? Die historische Perspektive der Ausstellung reicht bis in die Aktualität unserer Zeit mit dem Attentat auf die französischen Zeichner von Charlie Hebdo sowie die Unterdrückung von Künstlern in der Türkei. Sie zeigt, dass es der Kunst mitunter leichter fällt, gesellschaftlichen Wandel zu forcieren als dem gesellschaftlichen und politischen Führungspersonal. Es lebe die freie Kunst! Es kann daher nur lauten: Nous sommes Charlie!