Liebe Mensa, …

BETRIFFT: MENSA-ESSEN  Dass man in der Mensa Nassestraße keine Entenbrust an Petersilienwurzelpüree und Vanillekarotten serviert bekommt, ist klar. Ein paar Ansprüche sollte das Mensa-Menü aber erfüllen.

VON SOPHIE LEINS

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Liebe Mensa, ich will eigentlich nicht gerne über Dich meckern. Seit ich vor gut drei Jahren mit Begeisterung feststellte, dass man als vegetarischer Gast bei Dir für 1,10 € satt und zufrieden werden kann, besuche ich Dich gerne. Ich habe mir sogar mittlerweile eine Mensa-Card besorgt und esse mindestens zweimal die Woche Deine sogenannte vegetarische Hauptkomponente, auch mal einen Salat und ab und an auch das Premium-Gericht auf der veganen dritten Etage.

Drei Jahre hast Du mir zwar nicht jedes Mal eine Geschmacksexplosion serviert, aber oft genug fand ich auf meinem Teller etwas, das ich gerne aß und bei dem vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmte. Dafür hatte ich Dich gern.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Meine liebe Mensa, versteh mich nicht falsch. Du bist mein zweites Esszimmer. Wie für viele Studierende bist Du für mich nicht nur eine günstige Kantine, sondern auch ein Treffpunkt und – trotz Lärm und Hektik – der Ort der Entspannung zwischen zwei Vorlesungen an einem langen Uni-Tag. Ich schätze Deine Angestellten, die ich mittlerweile fast alle wiedererkenne und die ich trotz des Massenbetriebes außerordentlich freundlich finde.

Aber ich muss Dir etwas sagen: Seit einiger Zeit ist etwas anders in unserer Beziehung. Seit diesem Semester bin ich oft unzufrieden. Den Grund zeigen diese Fotos.

Leider haben zur gleichen Zeit zwei diametrale Entwicklungen bei Deinem Angebot stattgefunden, die Dein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis gleich in doppelter Hinsicht aufgelöst haben. Erstens stieg der Preis für das vegetarische Essen von vorher 90 Cent bis 1,10 € auf 1,45 € bis 1,65 €. Und zweitens nahmen Portionsgröße und – wie ich finde – auch die Qualität ab.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Auch wenn die vegetarische Hauptkomponente – wie der Name verrät – an sich nur der Teil einer Mahlzeit sein soll: Bisher warst Du gütig und sie reichte aus, einen Menschen wie mich satt zu machen. Wenn man Lust hatte, konnte man sich dann sogar noch einen Nachtisch oder einen kleinen Salat dazu gönnen. Seit das vegetarische Essen 1,45 € kostet, wird es meistens ohne Beilage serviert. Man muss sie sich jetzt noch dazu kaufen, um überhaupt ohne knurrenden Magen ins Seminar zurückkehren zu können.

Außerdem häuft sich das Angebot von diversen Nudelsorten mit Tomatensoße. Liebe Mensa, ich liebe Nudeln, aber mal ehrlich: Wenn es eines gibt, was wir Studierende uns wirklich oft genug selbst kochen, dann sind das Nudeln mit Soße.

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

(Foto: Sophie Leins / AKUT)

Geschätzte Mensa, ich will Dir keine böse Absicht unterstellen. Sicher hast Du nicht vor, uns alle in die teure dritte Etage zu drängen, stimmt’s? Denn Du warst ja auch mal jung und brauchtest das Geld. Also bleib weiterhin ein guter Gastgeber, bei dem auch die mit kleineren Geldbeuteln zufrieden und mit vollem Bauch zum Lernen zurückkehren können. Dann kannst Du Dich weiterhin an uns erfreuen – und wir uns an Dir!

Beschlossene Sache

RUBRIK SP-BESCHLÜSSE  Das 37. Studierendenparlament hat erneut viele Dinge beschlossen. Wie immer finden wir unter den Beschlüssen alte Bekannte und einige Neuerungen – ausgewählte Beschlüsse stellen wir hier vor.

VON SVEN ZEMANEK & ALEXANDER GRANTL

beschlossene

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

25.09.2015
Zusatzvereinbarung zum Kooperationsvertrag »Flexible Kinderbetreuung«
La Familiär e.V. übernimmt die bislang vom AStA bzw. der Stelle »Studieren mit Kind« wahrgenommenen Aufgaben und bekommt die dadurch anfallenden Kosten erstattet. Der AStA führt aber weiterhin studentische Erstberatung und Erstinformation über das Projekt durch.

Die bisherigen Mitarbeiterinnen der Stelle »Studieren mit Kind« haben aufgehört, daher konnte der AStA die Aufgaben nicht mehr wahrnehmen.

25.09.2015
Unicard-Flyer
Das Studierendenparlament fordert seinen UniCard-Ausschuss auf, dessen Infoflyer zur Unicard zügig zu überarbeiten und die Verteilung der alten Version dann einzustellen. Kritisiert wurden fehlende Verantwortlichkeit im Sinne des Presserechts, fehlendes SP-Logo, unpräzise Angaben zu den Einführungs- und Betriebskosten sowie die Verletzung der Markenrechte der Uni durch Verwendung des Unilogos.

Zuvor hatte der AStA-Finanzreferent verlangt, die Verteilung des Flyers einzustellen. Er hielt diesen für teilweise missverständlich. Seine Anordnung hob das SP mit dem Beschluss dieses Antrags der Juso-HSG wieder auf. Auf dem neuen Flyer sind die Mängel offenbar behoben.

25.09.2015
Einladung an den fzs und Behandlung von Fragen
Der Vorstand des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) wird auf eine Sitzung des Studierendenparlaments eingeladen, damit interessierte Studierende dort ihre Fragen loswerden können. 12 solcher Fragen schickt der Antrag praktischerweise gleich mit.

Dies war ein Antrag der Fraktionen der Juso-HSG, des RCDS und der LHG. Auf der folgenden Berichtssitzung berichtete dann ein Vertreter des fzs-Vorstands. Die Aufmerksamkeit der Parlamentsmitglieder war gering und nahm während der Ausführungen sogar noch ab.

25.09.2015
Flüchtlingssituation
Das Studierendenparlament fordert AStA und Universität auf, darauf hinzuarbeiten, dass Flüchtlinge mit Hochschulzugangsberechtigung ein Studium an der Uni Bonn erfolgreich beginnen und beenden können. Explizit genannt wird die Einrichtung von Sprachkursen für Flüchtlinge.

Wer das finanzieren soll, stellt der Antrag des RCDS auch heraus: Das Land Nordrhein-Westfalen.

19.11.2015
Bestätigung der Liste der Fachschaften der RFWU Bonn mit zugeordneten Studiengängen
Eine neue Liste der Fachschaften wird vom Studierendenparlament bestätigt. Die Fachschaft Lehramt tritt ein paar Fach-Abschluss-Kombinationen an die Fachschaft »Griechische und Lateinische Philologie« ab.

Die Liste der Fachschaften ist ein Anhang der Geschäftsordnung der Fachschaftenkonferenz und regelt anhand der Kombination von Hauptfach und Abschluss, welcher Fachschaft Studierende zugeordnet sind. Eine neue Fassung muss vom SP bestätigt werden, bevor sie in Kraft tritt.

19.11.2015
Zuweisung der Gelder des Kulturplenums
Auf dem Kulturplenum konnten die studentischen Gruppen um die zur Verfügung stehenden 15.000 € schachern, die dabei entstandene Aufteilung wurde nun vom Studierendenparlament abgesegnet.

Die Kulturgruppe »Islamische Hochschulvereinigung« musste auf der übernächsten Sitzung noch einmal anwesend sein, da es Bedenken gegen die Zuweisung von Geldern an sie gab.

24.11.2015
Ordnung zur Vergabe von Aufwandsentschädigungen in Ausschüssen
SP-Ausschüsse können eine Aufwandsentschädigung erhalten, wenn ein entsprechender Haushaltstitel existiert und sie noch etwas anderes tun als Sitzungen abzuhalten.

Diese Ordnung ist noch eine Relikt der Diskussion um Aufwandsentschädigungen für Ausschüsse aus dem Frühjahr.

07.12.2015
Zuweisung der Gelder des Kulturplenums II
Die Kulturgruppe »Islamische Hochschulvereinigung« erhält aus dem Haushaltstitel für das Kulturplenum 70 € für Fahrtkosten und 40 € für die Herstellung von Flyern.

Bis dies beschlossen wurde, musste die Kulturgruppe eineinhalb Stunden die Fragen des SP beantworten – was sie teilweise nicht wollte.

14.12.2015
Rechtsgutachten TuBF
Der Untersuchungsausschuss formuliert Nachfragen zum Gutachten von Rechtsanwalt Prof. Dieckmann vom 26.11.2015 zur TuBF, die die Unklarheiten zum Sachverhalt, die dem Untersuchungsausschuss geblieben sind, aufklären.

Der ursprüngliche Antrag des Untersuchungsausschussvorsitzenden Matthias Rübo wollte ein eigenes Rechtsgutachten in Auftrag geben. Gegen die nun beschlossene Fassung, die durch einen Änderungsantrag der Juso-HSG-Fraktion entstanden war, wehrten sich die anwesenden Ausschussmitglieder der Opposition heftig.

14.12.2015
Finanzanträge Sportreferat: Rudern, Judo, Flutlicht
Die Sportart Rudern erhält 19.202,98 € für die Anschaffung eines großen und eines kleinen Bootes, die Sportart Judo 7915,88 € für die Anschaffung neuer Judomatten samt Mattenwagen, und auf dem Venusberg errichtet der Hochschulsport eine Soccerbox, die Studierendenschaft steuert 5644,41 € für eine zugehörige Flutlichtanlage bei.

Eine Soccerbox ist übrigens ein Fußball-Kleinspielfeld mit Kunstrasen. So viel Spaß für so viel Geld.

Mit Lumpi im Wahllokal

KOMMENTAR von Florian Eßer

WELT

Unheilsschwanger: Die Welt (Illustration: Florian Eßer / AKUT)

Ich treffe Lumpi, den trinkenden Hund, am Tresen einer renovierungsbedürftigen Kneipe, um mit ihm über Hochschulpolitik zu sprechen. Die Kneipe heißt »Wahllokal« und ist eine heruntergekommene Spelunke, in die sich nur selten jemand verirrt. Auch Lumpi kommt nur her, wenn sonst keine bessere Alternative zu finden ist. Ich setze mich auf den Barhocker neben ihn und winke den Wirt herüber: »Zwei Kölsch und zwei Schnäpse. Lumpi, Korn oder Wodka?« – »Schwierige Frage. Weißt du, zwischen Schnäpsen und Parteien wählen zu müssen ist im Grunde dasselbe«, antwortet Lumpi, »denn egal wie man sich entscheidet; das Ergebnis ist am Ende zum Kotzen«.

Ich belasse es beim Kölsch. »Der Unterschied ist nur, dass man beim Schnaps weiß, was man sich bestellt. Da steht auf dem Etikett genau das drauf, was auch drin ist. Da wundert man sich nicht, wenn es einem am nächsten Tag hundsmiserabel geht. Wodka lügt nicht. Parteien aber sind wie Hundefutterdosen. Das Bild vorne ist appetitlich und wirbt mit dem »besten von Rind & Huhn« – der Inhalt aber ist zum Ekeln«. Ich bestelle doch noch zwei Wodka. Lumpi legt seine Zigaretten auf die Theke und fischt sich eine aus der Packung. »Oder hier«, sagt er und deutet mit der Kippe auf den Warnhinweis. »Da steht auch alles drauf. ›Rauchen führt zu Impotenz‘. Wenn Politiker bloß auch mal so ehrlich wären.« – »Die führen aber auch nicht zu Impotenz«, versuche ich zu intervenieren, aber Lumpi kläfft dazwischen: »Da ist das Problem auch eher die Inkompetenz. Wenn mir schon irgendjemand »Sitz« und »Platz« befehlen muss, dann kann man doch wenigstens erwarten, dass die Leute wissen, was sie da tun. Stattdessen locken sie einen bloß mit kleinen Geschenken, hier ein Knöchelchen, da ein Küchlein und wenn man dann dick und vollgestopft ist, lassen sie die Falle zuschnappen. Aber nicht mir mir!« – »Du hast heute an vier Ständen von Parteien Kaffee getrunken und Kekse gegessen und allen versprochen, deine Stimme für sie abzugeben…« – »Man soll die Hand nicht beißen, die einen füttert, aber wählen muss ich die Hand deswegen noch lange nicht!« – »Scheiße, dass kannste doch nicht bringen. Das ist ja wie Zeche prellen!« – »Ich sehe dein Problem nicht. Feuer?«

Ich krame in meiner Hosentasche und ein Keks purzelt aus der Jeans. Lumpi hebt ihn auf und stopft ihn sich in den Mund. »Lecker, mit Mandeln. Hast du noch einen?« – »Ne. Hab’ ich alle schon beim Kaffee gegessen« – »Beim Kaffee von der XYZ-Partei?« – »Jo, das ist der bes…« Lumpi wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu.

Wir schweigen eine Weile, dann bestelle ich noch einmal zwei Kölsch und zwei Wodka: »Geht auf mich!« – »Du wärst ein guter Politiker geworden«, sagt Lumpi und wir stürzen die Gläser hinunter. »Wenn niemand wählen geht, dann ist das am Ende doch auch alles für die Katz«, lalle ich und auch Lumpi scheint sich bierselig mit dem Gedanken anzufreunden. »Aber wen soll man bitte wählen?« – »Na, im Zweifel die mit dem besten Kaffee.« – »Aber nur wenn die noch Mandelkekse haben!« – »Sowieso«, sagt Lumpi, »meine Stimme gibt’s ja schließlich nicht umsonst.«

»Lass uns zahlen, dann gucken wir nach den Keksen.« Ich durchsuche mein Portmonee nach Geld: »Kannst du mir was leihen?«, frage ich Lumpi, aber der schüttelt den Kopf: »Ne, aber ich kann bis drei zählen«. Das tut er und bei »Zwei« beginne ich zu laufen.

Alles auf eine Karte?

UNICARD-ABSTIMMUNG  Kopieren, in der Mensa essen, die ULB nutzen – für alles braucht man eine eigene Karte. Die UniCard könnte das ändern. Doch das Konzept der Karte, die diverse Ausweise und Kartenfunktionen in sich vereint, ist nicht neu.

VON LINNÉA NÖTH

unicard

(Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Vor allem der RCDS und die Juso-HSG setzen sich seit geraumer Zeit für die Einführung einer multifunktionellen Karte ein, die Studierendenausweis, VRS- und NRW-Ticket, Bibliotheksausweis sowie Mensa- und Kopierkarte vereinen soll. Der UniCard-Ausschuss des Studierendenparlaments, der ein Konzept für die Karte erarbeiten soll, steckt voll Tatendrang. Teilweise: Jonas Janoschka von der Grünen Hochschulgruppe, die der UniCard grundsätzlich kritisch gegenübersteht, erklärt, dass es sich bei der »UniCard« »bisher lediglich um eine Idee« handle. Denn selbst wenn sich die Studierendenschaft bei der Urabstimmung im Januar für die Karte aussprechen sollte, ist das Votum der Studierenden für die Universität rechtlich nicht bindend. Falls sich die Universität nicht kooperationsbereit zeigen sollte, würden der Verwirklichung des »UniCard«-Konzepts erhebliche Steine in den Weg gelegt. Schließlich dürfte eine Multifunktionskarte ohne Studierendenausweis – den nur die Universität ausstellen kann – wenig Sinn ergeben.

Neben der Universität müssen auch noch andere Institutionen des universitären Apparats sowie das Studierendenwerk in die Überlegungen mit einbezogen werden. Während die Leitung der Universitäts- und Landesbibliothek das Konzept derzeit ablehnt, steht das Studierendenwerk der Idee der Einführung einer »UniCard« grundsätzlich positiv gegenüber. Darüber hinaus müssten auch Vereinbarungen hinsichtlich des Semestertickets und der Kopierkarten getroffen werden.

Gemäß des Konzepts soll die »UniCard« ein Lichtbild des Inhabers oder der Inhaberin enthalten – etwa, um die Identifizierung vor Prüfungen oder etwa Zugangskontrollen beim Hochschulsport zu erleichtern. Die dazu von den Studierenden einzureichenden Fotos sowie die zugehörigen persönlichen Daten sollen laut Angaben des »UniCard«-Ausschusses ausschließlich für die Erstellung und Verwaltung der zugehörigen »UniCard« verwendet werden. Zudem soll der in der »UniCard« enthaltene Chip voneinander unabhängige Speicherbereiche enthalten, um die persönlichen Daten zu schützen. Und wer die elektronischen Komponenten der »UniCard« nicht nutzen möchte, soll eine Karte ohne Chipkarte erhalten. Zweifelhaft ist, ob diejenigen Personen ihre alten Karten zum Kopieren weiterhin nutzen können – bisher heißt es, dass diese Funktion erhalten bleiben soll.

Gegner der »UniCard« befürchten dennoch Sicherheitslücken: Die aktuell eingesetzten Sicherheitschips in Mensa- und Kopierkarten seien nicht mehr sicher genug und müssten durch neuere ausgetauscht werden. Unwahrscheinlich, aber möglich sei zudem die Speicherung von Nutzungsmustern, die bspw. Rückschlüsse auf die Aufenthaltszeit in der Bibliothek zuließen. Würde man zukünftig die UniCard zum »Einchecken« bei Lehrveranstaltungen nutzen, könnten auch Anwesenheits- oder Verspätungsstatistiken erstellt werden.

Wie viel die Einführung und der Betrieb der UniCard kosten würde, ist bisher noch nicht bekannt. Die Universität will die Kosten erst ermitteln, wenn die offizielle Zustimmung der Studierenden nach der Urabstimmung vorliegt.

Der UniCard-Ausschuss betont, die Studierenden sollten höchstens an den Kosten zur Einführung, nicht an den laufenden Kosten beteiligt werden. Die Einführungskosten würden sich aus den Personalkosten in der Planungszeit sowie aus den Kosten durch die technische Umstrukturierung der Ausweissysteme zusammensetzen. Der Ausschuss betont hierbei, dass die Einführung der »UniCard« die Verwaltungskosten, die aktuell beim Ausstellen der Ausweise anfallen, verringern könne. Es ist jedoch fraglich, ob die Erstellung einer Plastikkarte günstiger ist als der Druck eines Studierendenausweises, da sich dieser ohnehin auf dem Papierbogen befindet, den die Universität jedes Semester  an die Studierenden verschickt. Die Beteiligung an der Urabstimmung im Januar wäre ein Weg, dem möglichen Entstehungsprozess der »UniCard« eine Richtung zu geben. Bleibt zu hoffen, dass genug Studierende diese Möglichkeit wahrnehmen und wählen gehen.

Offenlegung: Die Autorin kandidiert für die Grüne Hochschulgruppe.

— Hinweis: Die Offenlegung wurde nach dem Hinweis eines Lesers nachträglich ergänzt.

Sozialistischer Kindergarten

JUSO-STREIT  Das Studierendenparlament beruft den AStA-Finanzreferenten ab, obwohl er eigentlich eine Mehrheit hinter sich haben sollte. Offenbar sind ihm Mitglieder der eigenen Hochschulgruppe in den Rücken gefallen – kurz vor der SP-Wahl ein ungünstiges Zeichen.

VON ALEXANDER GRANTL

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Ex-Finanzreferent Alois »Ich bin enttäuscht« (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Anne Will hat es mal gesagt, Maybrit Illner auch: Klartext reden Politiker oft erst dann, wenn die Kameras nicht mehr laufen und die Ansteckmikrofone nicht mehr angesteckt sind. In diesem Punkt können die Studierenden, die in Bonn Hochschulpolitik machen, gut mithalten. Wie es tatsächlich zur unerwarteten Abberufung von Finanzreferent Alois Saß kam, erfährt man nur abseits offizieller Gespräche.

In der Juso-Hochschulgruppe, der Alois angehört, reagierten viele mit Unverständnis, als der Antrag zur Abberufung plötzlich auf der Tagesordnung stand. Seit Mitte 2013 war Alois Finanzreferent im AStA, »stand jederzeit mit wertvollen Ratschlägen und viel Erfahrung zur Seite«, wie AStA-Vorsitzende Lillian Bäcker (Juso-HSG) sagt, »und ist ein echter Freund geworden. Er ist unersetzlich.« Dass der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), der die Abwahl beantragte, Alois kritisiert, war nicht ungewöhnlich. Dass er ihn abzuberufen versucht, schon. Denn: Die Oppositionslisten RCDS und LHG haben zusammen nicht genug Stimmen, um AStA-Referenten zu stürzen. Warum sollten sie also einen solchen aussichtslosen Antrag stellen?

Als das Studierendenparlament (SP) Mitte November zusammentritt, um über die Abberufung zu beraten, kommt es zu einer bizarren Situation: Zunächst legen Matthias Rübo und Chiara Mazziotta (RCDS) dar, warum sie den Finanzreferenten für nicht länger tragbar halten. Alois habe es der Opposition bewusst erschwert, den AStA und seine Handlungen zu kontrollieren. Matthias, der dem Kassenprüfungsausschuss (KPA) vorsitzt, erklärt es konkreter: »Was das Fass zum Überlaufen gebracht hat«, sagt er, »ist der E-Mail-Verkehr zwischen dem Finanzreferenten und mir.« Dort weigere sich Alois, dem KPA jene Unterlagen zu übergeben, die zur Kassenprüfung nötig seien. Alois widerspricht Matthias’ Darstellung – ein Streitgespräch beginnt. Im Laufe der Debatte einigen sich die beiden dann darauf, dass der E-Mail-Verkehr dem SP vorgelesen werden soll – doch bevor es dazu kommt, beantragt Matthias plötzlich eine sofortige Abstimmung über die Abberufung. Das SP stimmt sofort ab – ohne den E-Mail-Verkehr zu kennen. »In diesem Moment war mir klar, wie das Ergebnis enden wird«, sagt Alois ein paar Tage später. »Als das SP der sofortigen Abstimmung zugestimmt hat, wusste ich, dass das Ergebnis schon im Vorfeld feststand.« Mit 23 Stimmen wird Alois abberufen – die Abstimmung ist geheim. Die Opposition hat zusammen nur 17 Stimmen.

»Ich bin enttäuscht. Nicht von der Opposition – die soll den AStA ja kritisieren – aber von den sechs Mitgliedern der eigenen Koalition, die den Antrag unterstützt haben«, sagt Alois. AStA-Vorsitzende Lillian sei überrascht gewesen: »Ich habe mich sehr gewundert, dass Parlamentarier, die lange nicht so eng und so häufig mit Alois zusammengearbeitet haben wie ich, davon überzeugt waren, dass er seinen Job nicht ordentlich macht.«

Wer in der Koalition aus Juso-HSG, LUST und Piraten-HSG für Alois’ Abberufung gestimmt hat, lässt sich wegen der Geheimheit der Abstimmung nicht ermitteln. Die AStA-Vorsitzende hat eine Befürchtung: »Ich halte es für möglich, dass alle sechs Stimmen von Jusos kommen.« Mehrere Jusos erklären gegenüber der AKUT, dass Michael Fengler, selbst für die Juso-HSG im Parlament, in den eigenen Reihen massiv für die Abberufung geworben hätte. Öfters fallen die Namen fünf weiterer Mitglieder der Juso-HSG, die geplant hätten, die Abberufung zu unterstützten. »Es war eine geheime Abstimmung und ich spekuliere nicht, wie einzelne Personen abgestimmt haben«, entgegnet Michael, wenn man ihn mit den Vorwürfen aus seiner Hochschulgruppe konfrontiert. Dass er bei anderen für die Abberufung geworben hätte, kommentiert er – nicht: »Zu solchen unbestätigten Verdächtigungen will ich mich nicht äußern.« Er sei selbst vom Ergebnis der geheimen Abstimmung überrascht gewesen. »Wenn irgendwer in der Koalition gegen den Koalitionsvertrag verstößt, dann verurteile ich das. Man hätte die Kritik besser vorher kommunizieren sollen«, sagt Michael. Der Kritik des RCDS stimmt er aber in Teilen zu: »Ohne nachtreten zu wollen: Alois hat viele der Routinearbeiten gut gemacht – andere Punkte seiner Arbeit halte ich aber für kritikwürdig – besonders sein Umgang mit dem Kassenprüfungsausschuss, dem ich auch angehöre.«

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Michael (Juso-HSG) – seine Gruppe macht ihm Vorwürfe (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Der E-Mail-Verlauf zwischen dem KPA und Alois, auf den der RCDS in der SP-Sitzung verwies, liegt der AKUT vor. Darin bittet Matthias Rübo als Vorsitzender des KPA darum, dass Alois »die notwendigen Unterlagen« zur Kassenprüfung zur Verfügung stellt. Alois erklärt daraufhin, dass der KPA beschließen müsse, welche Unterlagen er genau zur Verfügung stellen soll. Würde er selbst bestimmen, welche »notwendig« seien und welche nicht, bestimme er unerlaubt den Umfang der Prüfung. Dem widerspricht Matthias gegenüber der AKUT: »Mit einer vergleichbaren Aufforderung wurden bei der vorherigen Kassenprüfung von Alois alle benötigten Unterlagen zur Verfügung gestellt.« Der Umgangston in den E-Mails ist auf beiden Seiten jederzeit höflich und sachlich.

Der KPA beschließt letztlich, welche Unterlagen er prüfen möchte – schon ein paar Tage vor Alois Abberufung. »Matthias und ich haben kein besonders herzliches Verhältnis zueinander – dafür gibt es mehrere Gründe, vieles liegt schon länger zurück«, so Alois. Matthias kommentiert die Beziehung knapp: »Angespannt.« Beide sind auch als Vertreter der Studierenden Mitglieder im Senat, schon früher haben sie im SP Wortgefechte geführt. Aber auch Kritik innerhalb der Koalition und der Juso-HSG ist für Alois nichts Neues. Während für einige Jusos eine Koalition mit dem RCDS durchaus denkbar ist, lehnt Alois sie grundsätzlich ab.

Doch nicht nur politisch, auch persönlich gibt es Differenzen: »Als der Abwahl-Antrag auf der Tagesordnung auftauchte, haben wir ihn in der Hochschulgruppe besprochen«, erzählt Alois, »da wurde nicht nur Kritik an meinem Verhalten, sondern auch an meiner Person geäußert. Ich bin sicher keine einfache Person und streitbar.« Er sei Jurist und das präge auch seine Art und Weise zu schreiben und zu sprechen. Im AStA wisse man, dass seine Auftritte manch einen befremden, erklärt Lillian: »Er hat halt Ahnung – und das lässt er Menschen spüren, die er nicht mag. Doch aus diesem Grund hat er niemandem die Zusammenarbeit verweigert – höchstens auf Spitzfindigkeiten hingewiesen.« Sein Verhalten sei nie behindernd, sondern immer konstruktiv. Und manchmal anstrengend.

Anstrengend ist es auch für Simon Merkt: Der Vorsitzende der Juso-HSG bemüht sich darum, ein geschlossenes Bild seiner Gruppe zu zeichnen. Immerhin haben die Jusos kurz vor der Wahl nicht nur das Amt des Finanzreferenten verloren, sondern gehen auch davon aus, dass sich die Verursacher dafür in den eigenen Reihen befinden. Mehr noch: »Ich denke, diesen Schachzug haben die Drahtzieher zuvor mit dem RCDS abgesprochen«, teilt ein Mitglied der Juso-HSG der AKUT mit. Der RCDS bestreitet das und bezeichnet die Koalition als gescheitert. Nach der Verfassung seiner Gruppe kurz vor der Wahl gefragt, gibt Simon sich optimistisch: »Ich glaube, dass wir uns davon erholt haben, die Ursachen beseitigt haben und uns – wie gehabt – mit einer geschlossenen Gruppe für die Belange der Studierendenschaft einsetzen können.« Die Ursachen habe man beseitigt – was Simon damit meint, lässt er offen. Möglicherweise das: Mitte Dezember lehnt die Mehrheit der Juso-HSG ab, dass Michael Fengler für die Jusos bei der SP-Wahl im Januar kandidiert – ein beispielloser Vorgang. Fragt man Simon warum, erklärt er nur allgemein: »Auf einer regulären Sitzung wählt die Gruppe diejenigen auf unsere Liste, denen sie ihr Vertrauen schenkt.« Das Vertrauen der Juso-HSG hat Michael offenbar nicht mehr. Später erhält der Wahlausschuss eine Bewerbung von »Die Moderaten / Liste für die UniCard«, für welche Michael kandidiert. Aus persönlichen Gründen habe die Liste ihre Bewerbung jedoch wieder zurückgezogen. Wenn im Januar ein neues SP gewählt wird, werde Michael in den hochschulpolitischen Ruhestand treten – unter anderem möchte er sich auf seine erste juristische Staatsprüfung vorbereiten. Alois will seine Ämter als Senator und Mitglied im Verwaltungsrat des Studierendenwerks bis zum regulären Ende wahrnehmen. Auch für das SP kandidiert er wieder.

Die Listen der SP-Wahl

— Diese Listen treten zur Wahl des 38. Studierendenparlaments vom 18. bis 21. Januar 2016 an —

Die LISTE
2015
gegründet | Spitzenkandidierende: Ephraim Beckers, Martin Hečimović, Laila Noemi Riedmiller

Die LISTE tritt 2016 zum ersten Mal zur SP-Wahl an. Sie ist die Hochschulgruppe der Parodie-Partei »Die PARTEI« und bezeichnet sich als »offiziellen Arm des Faktenmagazins Titanic«, einer Satirezeitschrift. LISTE ist nach eigenen Angaben ein Akronym für »Liste für integrativen Sex, Trinkkultur, Et cetera«. Auch wenn sich die Liste Die LISTE selbst nicht als Satire-Liste bezeichnet, ist die Ernsthaftigkeit ihres Wahlprogramms fraglich. Zumindest die Umsetzung ihrer Forderungen dürfte schwierig werden – etwa der Bau einer Mauer um das Juridicum. Der Studentenausweis solle zudem auf 100 %-recyclebares Toilettenpapier gedruckt, das dadurch eingesparte Geld für Freibier in den Mensen eingesetzt werden. Auch wenn Forderungen nach mehr Freibier traditionell CSU-Inhalte sind, lässt sich die Liste Die LISTE politisch Mitte-links verorten. Selbst ordnet sich die Liste allerdings in der »extremen Mitte« ein. Man scheint dort so extrem mittig zu sein, dass es keine eindeutige Position zur Einführung einer UniCard gibt: Die LISTE wünscht sich sowohl den Komfort einer UniCard als auch Proteste gegen die Finanzierung dieser.

Besonders viele Gedanken hat sich die Liste zur baulichen Umgestaltung der Universitätsgebäude gemacht. Diese sollen alle in der »Bonner Identitätsfarbe grau« gestrichen werden. Neben dem Mauerbau am Juridicum wollen die Kandidierenden zudem FKK-Bereiche in Bibliotheken umsetzen und Raucher-Bereiche in Hörsälen einrichten. Die Einführung von Uni-Sex-Toiletten ist eine zentrale Forderung der Liste. Die Trennung dieses Begriffs lässt vermuten, dass Die LISTE damit nicht nur die Schaffung geschlechtsunspezifischer WCs meint.

Die Liste Die LISTE rechnet mit einem guten Wahlergebnis: »Unser Analystenteam geht derweil von mindestens 22 (50 % + x) Sitzen aus.« Da sie zum ersten Mal antreten, zählen sie vor allem bisherige Nichtwähler zu ihrer potenziellen Wählerschaft. Und weil alle anderen Listen nicht so gut seien wie sie, werde man zusätzlich Zulauf von Wählern bekommen, die sonst einer »Alternativlosigkeit« ausgesetzt wären.

An welchen Koalitionen würde sich Die LISTE beteiligen? »Wir würden prinzipiell gerne mit allen potenziellen Steigbügelhaltern zur Macht koalieren.« Da man aber von einer absoluten Mehrheit ausgehe, stelle sich diese Frage derzeit sowieso nicht.   Alexander Grantl

Grüne Hochschulgruppe
2010 gegründet | Spitzenkandidierende: Alena Schmitz, Jonas Janoschka, Sinah Röttgen

Im vergangenen SP war die Grüne Hochschulgruppe (GHG) nicht vertreten – die Bewerbung zur Wahl war nicht rechtzeitig beim Wahlausschuss eingegangen. Dennoch haben Mitglieder der GHG in Ausschüssen des SP mitgearbeitet – in die sie von der Koalition aus Juso-HSG, LUST und Piraten-HSG gewählt wurden. »Wir sind wieder da? Wir waren nie weg!«, nennt die GHG das und versteht darunter auch ihre Mitarbeit im AStA, im Senat der Universität und in den verschiedenen Fakultätsräten. Ihr Ziel sei eine ökologisch-nachhaltige und soziale Universität, in der Studierende noch mehr mitbestimmen können sollen als bisher.

Ein traditionsgemäß grünes Thema sind bessere Bedingungen für Fahrradfahrer – eine zentrale Forderung der Grünen Hochschulgruppe. Dabei habe man schon verschiedene Erfolge erzielt, etwa die Sanierung des Radwegs zwischen dem Campus Poppelsdorf und Endenich oder der Ausbau von Fahrradabstellanlagen an verschiedenen Uni- und Mensagebäuden. Die Eröffnung einer weiteren Fahrradwerkstatt auf dem Campus Venusberg will die GHG auch voranbringen.

Um mehr studentische Mitbestimmung zu ermöglichen, fordert die GHG, alle Gremien der Universität (Senat, Beirat der Gleichstellungsbeauftragten, Fakultätsräte, …) paritätisch zu besetzten – so wären alle Gruppen mit gleichem Gewicht vertreten. Damit wolle man auf eine Verbesserung der Studienbedingungen hinarbeiten – wie etwa die Möglichkeit Lehrveranstaltungen zwischen verwandten Fächern tauschen zu können, die Prüfungsdichte zu verringern und die Vergabe von Noten transparenter ablaufen zu lassen. Zudem müsse die Universität Bonn auch unter Spardruck ihre Fächervielfalt behalten – den Streichungen ganzer Professuren wolle man mit Protesten, etwa im Rahmen des Bündnisses »SparUni Bonn« entgegenwirken.

Zudem bekennt sich die Liste zum Kampf gegen Sexismus, Homophobie und Rassismus an der Universität. Dazu sei auch das Weiterbestehen des LesBiSchwulen- und trans*-Referats, des Referats für Frauen- und Geschlechtergerechtigkeit und des AusländerInnen-Referats nötig.   Alexander Grantl

Juso-HSG
1969 gegründet | Spitzenkandidierende: Felix Breiteneicher, Lillian Bäcker, Claudius Sebastian Mathy

»Des einen Freud, des anderen Leid«, so heißt es manchmal im Volksmund. Umgedreht ließe sich so wohl am besten die Situation für die Jusos nach den letzten SP-Wahlen im Januar 2015 charakterisieren: Dank der verpassten Bewerbungsfrist der konkurrierenden GHG konnte die Hochschulgruppe, die sich selbst als »sozial, gerecht und demokratisch« beschreibt, im aktuellen SP mit 17 von 43 Sitzen stärkste Kraft werden.

Bevor man sich dem aktuellen Wahlprogramm der Jusos widmet, sollte man vorher allerdings einen Blick auf die bisherige Arbeit der Gruppe werfen: Ganz im Sinne des Ideals einer toleranten und solidarischen Gesellschaft haben die Jusos in diesem Jahr beispielsweise der Förderung eines alternativen Christopher-Street-Day in Bonn zugestimmt. Ebenso unterstützten sie die Ausweitung der Unterschriftenaktion des Bürgerbegehrens »Viva Viktoria« auf die Bonner Mensen. Vergeblich sucht man allerdings nach Beschlüssen oder Anträgen zu typischen Juso-Themen wie der Verbesserung der Wohnraumsituation für Studierende oder einer Ausweitung des BaFög. Vielleicht ein Grund, warum die Punkte nicht aus der Agenda für 2016 genommen wurden, die man allerdings auch als recht ehrgeizig beschreiben kann:

Folgt man dem kürzlich veröffentlichen Arbeitsprogramm, so geht es den Genossen vordergründig um – wenig überraschend – soziale Themen, die, wie eben angemerkt, nicht ganz neu sind: Ausmerzung von Diskriminierung jeglicher Art in der Uni, sei es der Gender-Gap oder auch die – von manchen wieder geforderte – Einführung der Studiengebühren. Ebenso sollen (und das dürfte den ein oder anderen Bolognakritiker freuen) mehr Masterplätze geschaffen werden. Auch die Einhaltung der Regelstudienzeit ist für die Jusos nichts Erstrebenswertes, als »Zielvorgabe« ist sie daher nicht mehr ständig zu propagieren, für so manche Studierende, die sich einem Burnout nahe fühlen, könnten sie daher wählbar sein.

Weitere Juso-Themen lassen sich im Schnelldurchlauf wie folgt zusammenfassen: Erhaltung des Semesterbeitrags sowie mehr Sprachkurse, erleichterter Zugang für Geflüchtete an die Uni, um nur ein paar zu nennen.   Letizia Vecchio

KULT
2015 gegründet | Spitzenkandidierende: Madeleine Heuts, Sophia Purrmann, André Thiele

Wer leicht zu beeindrucken ist, könnte sich daran stoßen, dass sich die neue KULT-Liste als »unpolitisch« bezeichnet. Wer besonders penibel ist, auch.Immerhin nimmt sie nun an einem veritablen Politzirkus teil. Mit dem Reizwort »unpolitisch« wird jedoch vor allem gemeint sein, dass man sich nicht als Teil bräsiger parteipolitischer Wirklichkeiten begreifen möchte. Die Gesten des Berliner Reichtags im winzigen Bonner Studierendenparlament – dafür ist sich die KULT-Truppe wohl doch zu schade.

So hemdsärmelig diese Wortwahl erscheinen mag, so hemdsärmelig sind auch ihre Ideen: Natürlich erregt das Vorhaben, eine Unibrauerei zu gründen, großes Aufsehen. Die Begründung ist originell und dabei gar nicht so abwegig, wenn man von der Frage absieht, wie die »soziale Lage der Region« qua Bierseligkeit stabilisiert werden soll. Man müsste es ausprobieren.

Weitere Ideen: UniCard, Unifestival, Bikesharing. Ein bisschen grün, ein bisschen piratisch, ein bisschen MTV Campus Invasion ohne Markus Kavka. Nichts davon tut besonders weh und könnte auch in anderen Hochschulgruppen in etwas spröderer Form vorgeschlagen werden. Interessanter erscheint der Gedanke, aus bereits bestehenden Rücklagen ein kostenneutrales Semesterticket für kulturelle Stätten (und Schwimmbäder – der Schwimmkunst wegen?) zusammenzuflicken. Was hier als »Kulturflatrate« bezeichnet wird – ein Begriff, der zuletzt eher netzpolitisch konnotiert war – könnte durchaus spannende Vernetzungseffekte zwischen der Universität und der kulturell Schaffenden (und Bademeistern) dieser Stadt verheißen.

Würde die KULT-Truppe im Studierendenparlament von der Wirklichkeit zerfleischt werden? Das wird man abwarten müssen. Die Ausrichtung der Liste ist nicht intellektuell, ganz und gar nicht stringent ideologisch, sondern hochgradig populär. Die wenig erbaulichen Wahlbeteiligungen in der Vergangenheit legen nahe, dass die bloße Existenz der KULT-Liste in erster Linie ein Statement ist, um die große, teilnahmslose Masse zum demokratischen Akt der Wahl zu mobilisieren.   Sohiel Partoshoar

Liberale Hochschulgruppe Bonn
2012 gegründet | Spitzenkandidierende: Hannah Birkhoff, Constantin Alexander Zoepffel, Seda Sabiye Ataer

Die LHG-Fraktion im Studierendenparlament ist stetig größer geworden. Da sie nach eigenen Angaben seit jeher darauf bedacht sei, Ideologiekämpfe innerhalb des SP mit einem eigenen Pragmatismusbegriff aufzubrechen, sieht die Gruppe um Hannah Birkhoff ihren Erfolg in ihrer Ausrichtung.

Entsprechend soll die folgende Legislaturperiode pragmatisch und evolutionär bestritten werden:
Web- und Podcasts von Vorlesungen sollen stärker forciert werden. Die Infrastruktur sei hierfür bereits vorhanden, allerdings gelte es, beim Lehrpersonal mehr Überzeugungsarbeit zu leisten.

Hier zeigt sich, wodurch sich der Freiheitsbegriff der Liberalen auszeichnet: freies Lernen, freies Lehren, freies Forschen, immer und überall. Die grundsätzlichen Strukturen sollen dabei nicht infrage gestellt werden.

Der AStA hingegen müsse auf seine Kernaufgaben reduziert werden, etwa um den Semesterbeitrag zu senken. So befürwortet die LHG die Abschaffung des Öko-Referats, dessen Veranstaltungen Bonner Studierenden nicht nützten. Das Referat für Frauen- und Geschlechtergerechtigkeit und das LesBiSchwulen- und trans*-Referats sollen abgeschafft werden – ersetzt durch ein Referat, dass sich für die Gleichberechtigung aller Menschen einsetze.

Zusätzlich verweist die LHG darauf, dass sie erfolgreich die Pseudonymisierung von Klausuren anstoßen konnte. Diese und weitere Streitpunkte werden oft im Kosten-Nutzen-Vergleich hinterfragt. Dies gilt auch für das Engagement für den Austritt aus dem »freien zusammenschluss von studentInnenschaften« (fzs) gemeinsam mit dem RCDS. Fragwürdig sei die Mitgliedschaft in diesem Dachverband, der ideologisch belastet und nicht an studentischen Bedürfnissen ausgerichtet sei. Etwa 28.000 € erhält der fzs jährlich aus dem Haushalt der Studierendenschaft.

Die Absicht der LHG liegt auf der Hand: weitere Anstöße für das große Ganze liefern, um den Status quo besser herauszuarbeiten.   Sohiel Partoshoar

Liste undogmatischer StudentInnen (LUST)
1980 gegründet | Spitzenkandidierende: Jana Klein, Kilian Clemens Hoffmeister, Ruth Reiferscheid

Die StudentInnen der LUST haben kein Parteiprogramm. Nicht, weil sie dazu keine Lust hatten, sondern: »Die LUST ist, was die aktuellen Mitglieder in ihrem Namen machen, folglich ändern sich die Ziele über die Jahre«, erklärt die Liste. Besonders Hochschulpolitik bedeute nicht die generalstabsmäßige Umsetzung großer Projekte, sondern kleinteiliges Abarbeiten von Teilschritten. Das versucht die LUST vor allem im AStA, denn das SP habe kaum Macht, seine Beschlüsse umzusetzen. Der Referent für politische Bildung und die Referentin für Frauen- und Geschlechtergerechtigkeit etwa sind LUST-Mitglieder. Der AStA solle sich zudem nicht scheuen, auch mal mehr Druck auf das Rektorat und das Studierendenwerk auszuüben.

Wer sich mit dem Wahlprogramm der LUST beschäftigt, stellt schnell fest: Es geht der Liste nicht nur um Hochschulpolitik. Die Bekämpfung von Sexismus, Homophobie und Antisemitismus sieht die LUST als eines ihrer zentralen Anliegen. Aktuell beschäftige die LUST vor allem die weitere »Professionalisierung« der AStA-Studierendenzeitung »Friedrichs Wilhelm«, die Ende 2015 die »BAStA« ablöste. Um Studierenden Platz zum Musikmachen und Kunstschaffen zu ermöglichen, fordert die LUST so genannte »selbstverwaltete Räume« – diesem Projekt sei man in der letzten Zeit deutlich näher gekommen. Die Urabstimmung über die Einführung einer UniCard hält man bei der LUST für »Pseudo-Politik«, weil das letzte Wort so oder so andere, etwa die Universität, hätten.

Die LUST stellt alles infrage – vielleicht auch die eigene Arbeit, wenn sie dem AStA teilweise und dem SP besonders »selbstgenügsame Inkompetenz« vorwirft. Ihre jederzeit präsente Kritik kennt keine Grenzen, letztlich gelte es auch, die aktuellen Studienbedingungen und die ganze Gesellschaft kritisch zu betrachten.

Im SP koalierte die LUST zuletzt mit der Juso-HSG und der Piraten-HSG. Die Grünen wären womöglich auch dabei gewesen, wenn sie zur letzten Wahl zugelassen worden wären. Die LUST, die den Schwerpunkt ihrer Arbeit ja eher im AStA als im SP sieht, verschaffte Mitgliedern der GHG die Möglichkeit, LUST-Sitze in einigen SP-Ausschüssen zu besetzen.   Alexander Grantl

Piraten-Hochschulgruppe Bonn
2008 gegründet | Spitzenkandidierende: Ronny Bittner, Michael Christian Wisniewski, Christoph Fabian Grenz

Datenschutz und Infrastruktur – mit diesen Begriffen könnte man die selbsterklärten Steckenpferde der Piraten-HSG zusammenfassen. Entsprechend kreisen die Zielsetzungen für die kommende Legislaturperiode um artverwandte Themen wie mehr Investitionen in das Hochschulrechenzentrum, den weiteren Ausbau des WLAN-Netzes bis in die Innenstadt hinein sowie eine besonnenere Einführung der Uni-Card. Bei Letzterem seien nämlich die Kosten für die Studierendenschaft nicht abzuschätzen. Weiterhin könne man dem Missbrauchsrisiko angesichts der Nutzungsvielfalt nur mit starken Verschlüsselungsmethoden begegnen. Dass im Wahlprogramm nicht zur Datensparsamkeit ermahnt wird, überrascht indes.

Darüber hinaus fokussiert sich das Programm auf die weiterhin angespannte Wohnraumlage, den verbesserungswürdigen Zugang zum Studium für Geflüchtete und die Förderung von Kulturgruppen. Hierbei wird auf das kommunalpolitische Zusammenspiel mit dem Bonner Kreisverband der Piratenpartei verwiesen, genauso, wie ihre IT-Kompetenz mit ihrem aktiven Engagement im AStA unterstrichen wird. Man hat von den alteingesessenen Hochschulgruppen gelernt. Aber die Piraten sind auch schon seit sechs Jahren im SP.

Anders als der RCDS und die LHG setzen sich die Piraten für den Erhalt der Mitgliedschaft im »freien zusammenschluss von studentInnenschaften« (fzs). Dabei scheint es ihnen ums Prinzip zu gehen: Der Bonner Studierendenschaft würde eine bundesweite Stimme verloren gehen. Auf die Kritik der Gegner wird hingegen nicht offensiv eingegangen.

Im AStA bringen sich die Piraten da ein, wo sie sich wohlfühlen: Im IT-Referat betreuen sie die IT-Struktur des AStA, im Öffentlichkeitsreferat versuchen sie die nötige Transparenz über die Arbeit des AStA herzustellen.

Alles in allem setzt das – rein männliche – Vierergespann auf bewährte Fragestellungen, ohne mit dem Finger auf andere zu zeigen. Die Freiheit von Ideologiekämpfen leben sie in nüchternster Form vor.   Sohiel Partoshoar

Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) & Unabhängige
1947 gegründet | Spitzenkandidierende: Chiara Mazziotta, Felix Krings, Enrico Ramón Kotalla

Spätestens bei den Stichworten »soft skills« und »Gründerkompetenz«, die im Wahlprogramm nonchalant Erwähnung finden, offenbaren sich die Ambitionen des Bonner RCDS. Die Wahlforderungen zeugen von Kompetenz (noch so ein soft skill) und beziehen außeruniversitäre Strukturen – wie etwa die Landesregierung – selbstverständlich mit ein. Schuld an der mangelnden Grundfinanzierung der Universität habe die rot-grüne Landesregierung, die daraus folgenden Konsequenzen, etwa Stellenstreichungen, träfen das Kernanliegen der Universität – Lehre und Forschung. Man setze sich auf Landesebene für die Ausfinanzierung der Hochschulen ein.

Vor Ort in Bonn fordert der RCDS darüber hinaus Verbesserungen des Studieninformationssystems BASIS, mehr Gruppenarbeitsplätze in Bibliotheken und ein attraktives Dienstleistungsangebot des AStA. Was sich zunächst in griffigen Parolen zusammenfassen lässt, ist jedoch insgeheim recht detailverliebt (Ohropax in den Bibliotheken!). Abgesehen von der Situation der Flüchtlinge, auf die weitestgehend jede Hochschulgruppe konstruktiv eingeht, lägen dem RCDS also die alltäglichen Bedürfnisse der Studierendenschaft am Herzen. Der RCDS betont, dass man beizeiten auch mit Ideen der Grünen und der Jusos einverstanden sei und die Entwicklung der neuen KULT-Gruppe neugierig verfolge. Besonders erfolgreich habe man im SP bisher mit der Liberalen Hochschulgruppe zusammengearbeitet, etwa bei der Forderung nach dem Ende der Mitgliedschaft im »freien zusammenschluss von studentInnenschaften« (fzs). Über dieses Vorhaben findet nun eine Urabstimmung statt – dank der Arbeit von RCDS und LHG. Als zweitgrößte Gruppe im SP hätten für viele der Vorhaben dennoch die Mehrheiten gefehlt – als Oppositionsliste habe man nicht sein ganzes Potenzial entfalten können. Zuletzt beantragte der RCDS trotzdem erfolgreich die Abberufung des Finanzreferenten (Bericht auf Seite 10) – mit Stimmen aus der Koalition.

Selbst wolle man als Koalitionspartner nur Gruppen ausschließen, die zu ideologisch und nicht konstruktiv Politik machten.   Sohiel Partoshoar & Alexander Grantl

 

Wahlen sind keine Säugetiere

KEIN INTERESSE  An dieser Stelle müsste eigentlich ein begeisternder Text stehen, der die Möglichkeiten studentischer Mitbestimmung in den höchsten Tönen lobt. Aber das hilft nicht. Über das geringe Interesse an den Wahlen und die zahlreichen Versuche dies zu ändern.

VON HANNAH RAPP

wahl

Sie hat’s doch auch geschafft! Eine Wählerin aus dem Jahr 2015 (Foto: Ronny Bittner)

Die Wahlbeteiligung an den SP-Wahlen der Uni Bonn lag in den letzten Jahren mehr oder weniger beständig bei um die 14 Prozent. Eine extrem niedrige Wahlbeteiligung, die das allgemein mangelnde Interesse an der Hochschulpolitik widerspiegelt. Studierendenparlamente gibt es in Deutschland erst seit den 60er Jahren und quasi seit der Einführung von SP-Wahlen ist die Wahlbeteiligung stetig gesunken. Es gibt seit Jahren Versuche – nicht nur in Bonn – Studierende für die Wahlen und die Hochschulpolitik zu begeistern. Zu den drastischsten gehört wohl die Aktion der Uni Köln, die 1966 mit der Verlosung eines von einem Autohaus gestifteten roten VW-Käfers unter allen Wählern warb und so eine grandiose Wahlbeteiligung von 62 Prozent erreichte.

»Rettet die Wahlen« (2015), »Miss-Wahl« (2013) oder »Ausgewählt« (2012) – unter diesen Titeln bemüht sich die fleißige AKUT-Redaktion seit Jahren darum, die Wichtigkeit der Beteiligung an der Wahl zu verdeutlichen und das Interesse am SP zu erhöhen. Wir führten Interviews zu den politikwissenschaftlichen Hintergründen der niedrigen Wahlbeteiligung (AKUT Nr. 327), machten im Hofgarten eine Umfrage, ob die Studierenden überhaupt wissen, was das SP ist (AKUT Nr. 324), begleiteten die Wahlleiterin bei ihrer Arbeit (AKUT Nr. 329) und stellten unermüdlich die Kandidaten vor. Viel getan hat sich in Sachen Wahlbeteiligung in den letzten 5 Jahren leider nicht.

Auch die Gründe für die geringe Wahlbeteiligung scheinen sich seit 2011 nicht verändert zu haben. Die Umfrage aus der damaligen AKUT ergibt Ähnliches, wie eine kleine Umfrage unter Studierenden im Dezember 2015: Nicht aus Desinteresse wird nicht gewählt, sondern aus Uninformiertheit. Die Infos zur Wahl gehen wohl in der Masse an Plakaten und Flyern an der Uni unter. Als weiteren, möglichen Grund dafür, dass nur wenige Studierende wählen, wird der Zeitpunkt der Wahl im Januar zeitlich nahe der Prüfungsphase genannt. Außerdem meinen viele, dass eine persönlichere Ansprache durch die Kandidaten sie zur Wahl motivieren würde.

An Pendlern und Erasmus-Studierenden scheint die Wahl sowieso vorbeizugehen, doch selbst Bib- und Uni-Maniacs fehlt teilweise der Durchblick in der Hochschulpolitik. Beeinträchtigend wirkt sich auch das Bachelor/Master-System aus – meistens verbunden mit einem Stadtwechsel nach dem ersten Abschluss und vielleicht noch einem Auslandsaufenthalt. Man denkt eh nichts bewegen zu können, beziehungsweise von den vorangetriebenen Veränderungen selber nicht mehr zu profitieren, da man vorher Stadt und Uni schon wieder verlässt. Doch der eigentliche Kern der Sache bleibt  – trotz manchen durchaus nachvollziehbaren Gründen für das Nicht-Wählen – simpel: Sein Recht auf eine Wahl zu nutzen, ist immer wichtig! Durch die Urabstimmungen zur Unicard und zum Austritt aus dem fzs (freier zusammenschluss von studentInnenschaften) sind diese SP-Wahlen besonders interessant und spannend. Sie könnten auch einen positiven Einfluss auf die Wahlbeteiligung haben: 2008, als an der Uni Bonn über das NRW-Ticket abgestimmt wurde, lag die Wahlbeteiligung nämlich bei über 30 Prozent. 20 Prozent der Studierenden, also etwa 7034 Studierende, müssten vom 18. bis zum 21. Januar 2016 zustimmen, damit der Beschluss bindend für die Organe der Studierendenschaft ist.

Ist das hier nun doch zu einem Wahlplädoyer geworden? Für das nächste Jahr wünsche ich der AKUT-Redaktion,   ganz anders über die Wahl berichten zu können, weil es so viel Interesse daran gibt. Bis dahin hoffe ich auf ein kleines Wahlwunder und frage mich, wo ich auf die Schnelle einen roten VW-Käfer herbekomme.

WG BESUCHT!

Wir besuchen eine WG in Endenich. Von den normalerweise sieben Bewohnern treffen wir fünf zum Interview. Sie studieren Psychologie, Asienwissenschaften, Archäologie, Biologie und VWL. In ihrem Wohnheim nennt man sie einfach »die Party-WG« – und das zurecht.

Interview Philipp Blanke / Fotos Alexander Grantl

Von links: Helen (22), Philipp (25), Christin (24), Ferdinand (20), Evin (22) (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Von links: Helen (22), Philipp (25), Christin (24), Ferdinand (20), Evin (22)

Woher kommt ihr?
E  Ganz unterschiedlich; aber interessanterweise alle aus Dörfern.
P  Das sind so unvergessliche Namen wie Rolandswerth, Dülmen, Schiltach, Frankendorf oder Hehlrath.

Seid ihr eine Zweck-WG oder Familien-Ersatz?
F  Die WG ist die Familie! Wenn du mal was lernen, oder lesen willst, dann solltest du nicht ins Wohnzimmer kommen – denn da triffst du immer jemanden und quatschst dich fest.

Wie viel Miete zahlt ihr?
C  So um die 200 Euro pro Person.

Wer duscht am längsten?
E  Das ist eigentlich kein Problem, weil wir zwei Badezimmer haben.

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Was nervt am meisten an eurer WG?
C  Die Küche! Meistens dreckig und man hat keine Lust aufzuräumen.
E  Und die Klingel! Die ist sehr laut.

Putzplan oder »läuft schon irgendwie«?
F  Unser Plan funktioniert in der Regel gut. Da gibt’s wenig Beschwerden.

Habt ihr ein Haustier?
H  Wir haben über einen Hund nachgedacht. Ein großer sollte es auf jeden Fall sein! Aber das dürfen wir hier glaube ich gar nicht.

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Liebstes Möbelstück?
E  Das ist unser Tisch! Auf dem passiert fast alles. Da haben wir auch mal ein Bierpong-Feld aufgemalt – damit man nicht schummelt.

Euer schönstes WG-Erlebnis?
F  Nach einer WG-Party haben wir einen Zettel vom Nachbarn bekommen, da stand dann »I couldn’t sleep«.
E  Die Party war auch echt toll! Das Motto war »Roomies« und die Leute sollten sich so wie wir verkleiden. Jeder von uns hatte dann ein Team, die alle so aussahen wie man selbst.

Wie würdet ihr euch selbst beschreiben?
E  Wie ein bunter Regenbogen!
P  Bunter als ein Regenbogen!

Gibt es ein WG-Ritual?
F   Jeder schickt z.B. eine Karte aus seinem Urlaub an die WG. Die hängen wir dann an die Wand im Wohnzimmer.

Jetzt wieder Blümchenknicken!

Neues Album – »Saloontüre aufknallen, reinstapfen, Theke besetzen, zahlreiche Drinks auf ex trinken, Rauferei anfangen, ein Schlachtfeld hinterlassen, Spaß haben und den Mann am Klavier nicht erschießen!« – so beschreiben »Die Blümchenknicker« ihr neues Album. Zurecht?

von Florian Eßer

(Foto: Blümchenknicker)

(Foto: Blümchenknicker)

Die Blümchenknicker: Allen Studierenden, die nicht hinter dem Mond, sondern in Bonn und Umgebung leben, sollte dieser unkonventionelle Name und die Band dahinter ein Begriff sein. Sei es, weil man bereits Fan der ersten Stunde ist, weil die AKUT schon einmal über sie berichtete (Winter 2014/15 Nr. 335), oder aus dem simplen Grund, dass die Gruppe Bonns »Most Mucke Truppe« ist.

Am 23. Oktober veröffentlichte die musikalische Großfamilie (22 Bandmitglieder) ihr neues Album »Nachwürzen«. Bei der Platte liegt die Würze aber nicht unbedingt in der Kürze, denn mit 14 Songs übertrifft die Scheibe so manches »Wir haben schnell ein paar Lieder hingeschmiert«-Produkt der großen Musikmogule Universal und Co.

In den Songs, die Titel tragen wie »Ponyhof« und »Katastrophenpornographie«, besingen Bender Corleone Flowers, Klabautermann, Fidel Frenzy und die zahlreichen weiteren Blümchenknicker den »alltäglichen Wahnsinn«, der in ihrer Performance aber schnell einmal zu etwas »zwischen künstlerischer Politik und politischer Kunst« werden kann.

Wie darf man sich denn den diesen Wahnsinn innerhalb einer so mitgliederstarken Gruppe vorstellen? »Alle haben sowieso schon auf dem Schirm, dass ein kollektiver Kompromiss gefunden werden muss«, lautet die kollektive und kompromisslose Antwort der Blümchenknicker. Die Arbeit am Album war »ein demokratisches Auspendeln von Vorschlag, Veto und Gruppenbeschluss«, heißt es weiter. Nun, das klingt jetzt doch wieder recht politisch. Aber keine Sorge: Die Songs halten neben Gesellschaftskritik und Nachdenklichkeit nicht nur Futter für die oberen Körperregionen bereit, sondern auch für die tieferen. …? Nee, noch tiefer!

Im Endeffekt ergibt sich im musikalischen »Hexenkessel« nämlich ein »biologisch abbaubares 2-Phasen-Menu – erst für die Beine, dann für den Kopf«. Wer politikverdrossen ist, der kann zu den Songs also auch einfach das Tanzbein schwingen.

Somit steht Bonns Most Mucke Truppe »in den Startlöchern, um Hirne und Hintern zum Wackeln zu bringen«, wie sie auf ihrer Facebook-Seite verkündet. Dabei muss wiederum kein Kompromiss gefunden werden. Es kommt sowohl auf den Hintern, als auch auf das Gehirn an – da unterstehen die beiden Körperregionen quasi einer biologischen Determiniertheit: »Da Musik auf dem Weg zwischen Ohrmuschel und Unterleib am Hirn vorbei muss, richtet sie dort eigentlich immer irgendetwas an«, sagt Sänger und Gitarrist Bender Corleone Flowers. Klingt logisch, muss stimmen. Was die Musik letztendlich anstellt, davon kann sich dann jeder beim Hören des Albums selbst ein Bild machen. Dabei sollte aber unbedingt das Band-Statement zur Lage der Nation 2015 berücksichtigt werden: »Weniger meckern, mehr mögen«. Ausführlich erklärt soll das heißen: »Unzufriedenheit entsteht beim Einsumpfen in der eigenen Denkblase… daraus entsteht irgendwann ein Impuls, sich in seinem Gemecker im Kreis zu drehen – manche machen da einen echten Volkssport draus, und am Ende solcher Ungeselligkeit bleibt schnell die Menschlichkeit auf der Strecke…und meistens stellt man dann ja doch fest, dass der andere gar nicht so übel is – unpassend vielleicht, aber nicht übel. Wenn man sich dann noch anschaut was zur Zeit in Zeitungskommentaren und sozialen Netzwerken abgeht, sieht man schnell: Dieses Land kann im Moment viel Anti-Antipathie-Party gebrauchen!«. Den gleichnamigen Song zu dieser Party findet man ebenfalls auf dem Album. Wen man dort allerdings (noch) nicht finden kann, das ist der Wunsch-Gastmusiker der Gruppe: Klapp-Klapp-Klapperstrauß Helge Schneider.

Fairkehrte Welt

Foodsharing – Ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel landet im Abfall – unabhängig davon, ob sie noch genießbar sind oder nicht. Die Aktivisten von »Foodsharing« wehren sich gegen diese Verschwendung.

von Maike Walbroel

(Foto: Maike Walbroel / AKUT)

(Foto: Maike Walbroel / AKUT)

So leer ist der Fair-Teiler in der Ermekeilkaserne sonst nicht. Im Regal liegen nur einige Äpfel und im Kühlschrank herrscht ebenso gähnende Leere. Stephan Tamme ist – trotz oder gerade wegen der Leere?! – sehr zufrieden: »Anfangs hatten wir Sorge, ob der Fair-Teiler hier angenommen wird. Aber inzwischen ist die Nachfrage unter anderem auf Facebook sehr groß«, sagt er und erzählt von einer ganzen Autoladung Zucchini, die er gerettet und danach zum Mitnehmen in die Regale gelegt hatte. »Das ging wahnsinnig schnell. Am gleichen Tag waren alle weg!«

Fair-Teiler, Foodsharer, Foodsaver – diesen Begriffen begegnet, wer sich über Lebensmittelrettung informiert. Foodsharing gibt es seit 2012. Ziel der Initiative ist es, die globale Lebensmittelverschwendung zu stoppen, das heißt, Essen vor der Tonne zu bewahren und stattdessen zu verteilen. Das Abholen übernehmen die sogenannten Foodsaver, das sind Ehrenamtliche jeden Alters – unter ihnen auch viele Studierende. Sie sprechen Betriebe an und bemühen sich um Kooperationen. Dabei gehen sie nicht nur zum großen Supermarkt, sondern auch zu kleineren Unternehmen wie zu Bäckereien, Cafés oder zu Imbissen. Wer genau die Betriebe sind, das verrät foodsharing nicht.

Die Lebensmittelretter nehmen übrigens alles mit. »Wir verpflichten uns, alles anzunehmen, was der Betrieb uns gibt. Aber leicht Verderbliches wie Fleisch oder Fisch entsorgen wir notfalls«, so Tamme. Für die Betriebe ist eine Zusammenarbeit mit foodsharing aus mehreren Gründen attraktiv. »Die Unternehmen betreiben Image-Pflege, da sie keine Lebensmittel entsorgen, sondern sie weitergeben. Außerdem sparen sie Müllkosten«, erklärt Tamme, »denn Supermärkte zum Beispiel zahlen pro Kilogramm Gewicht einen bestimmten Preis und wir nehmen ihnen den Müll ab.«

Was dann mit dem geretteten Essen passiert, halten die Richtlinien von foodsharing fest. Anders als man vermuten könnte, werden die Lebensmittel nicht etwa nur Bedürftigen gespendet. Jeder Foodsaver entscheidet selbst, was er mit seiner Abholung tut – er kann sie für sich selbst mitnehmen, Essen an Freunde, Bekannte, Nachbarn oder Kollegen verschenken. Oder er bringt es in einen sogenannten »Fair-Teiler«.

Das können einfache Kisten vor Wohnhäusern sein oder eben ganze Räume wie in der Ermekeilstraße auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne. Den Fair-Teiler dort gibt es erst seit September 2015. »Noch ist das hier der einzige Fair-Teiler in Bonn mit einem Kühlschrank«, berichtet Tamme. Andere foodsharing-Orte in Bonn findet man zum Beispiel im Bistro Rosarot und im Café Fuchsbau in Beuel oder im LIMES-Institut. Wegen des Kühlschranks können in der Ermekeilstraße natürlich auch Salate oder andere Kühlwaren geteilt werden.

Ein über die Plattform
foodsharing.de organisiertes Team schaut alle zwei Tage im Fair-Teiler nach dem Rechten. Ganz ausschließen, dass doch etwas verdirbt oder schimmelt, können sie allerdings nicht. »Wir putzen hier regelmäßig und sortieren gegebenenfalls Lebensmittel aus«, betont Tamme, »aber wir vertrauen auch darauf, dass man sich anschaut, was man mitnimmt und essen möchte.«

Jeder, der den Fair-Teiler besucht, kann sich nicht nur etwas nehmen, sondern auch selbst Lebensmittel mitbringen, die noch genießbar sind, aber sonst entsorgt würden – z.B., wenn etwas nicht schmeckt oder eine Packung zu groß ist.

Auf dem Gelände der ehemaligen Kaserne befindet sich der Fair-Teiler in einer denkbar günstigen Umgebung: Die Ermekeil-Initiative bewirbt das Gelände als »Quartier mit integrativem Nutzungskonzept« – es gibt urban gardening, ein Repair-Café, Co-Housing, ein alternatives Wohn-Projekt, sowie gemeinsame Kochabende. Auch an die circa 300 Flüchtlinge, die seit August diesen Jahres in der Ermekeilkaserne leben, hat foodsharing Bonn gedacht: »Wir haben kleine Piktogramme gemalt – z.B. mit Bildern und Beschriftungen für Fisch, Schweinefleisch oder vegane Lebensmittel. So versuchen wir, allen gerecht zu werden.«

Aber ist foodsharing wirklich nötig? Wird tatsächlich noch so viel Essen weggeworfen? Es wird. Ungefähr jedes achte Lebensmittel wird entsorgt – das sind allein in Deutschland 11 Millionen Tonnen jährlich. Zudem nehmen Foodsharer gemeinnützigen Vereinen wie den Tafeln nichts weg, wenn sie ihre Lebensmittel-Abholungen machen: »Die Tafeln sind rechtlich dazu verpflichtet, nur Essen anzunehmen, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist«, erklärt Tamme, »wir von foodsharing hingegen dürfen auch abgelaufene Lebensmittel annehmen. Daher sehen wir uns nicht als Konkurrenten zu den Tafeln, sondern als Ergänzung«.

Selbst aktiv werden und Lebensmittel vor dem Wegwerfen retten kann übrigens jeder: Wer keinen Fair-Teiler in der Nähe hat (die genauen Standorte findet ihr im Internet), der kann sich auf foodsharing.de registrieren und einen Essenskorb zur Abholung anbieten oder sehen, wo es in der Nachbarschaft andere Körbe gibt. Vom Foodsharer zum Foodsaver wird man übrigens, indem man sich mit den Verhaltensregeln und Richtlinien von foodsharing auf deren Homepage vertraut macht und das kleine Quiz dazu besteht. Dann kann man an Treffen mit anderen Foodsavern teilnehmen – zum Beispiel mit den ungefähr 200 Aktiven in Bonn – und später auch eigene Abholungen organisieren.

Für Stephan Tamme ist foodsharing viel mehr als nur Essen retten: »Ich habe viele tolle Leute aus allen möglichen Schichten und in den verschiedensten Lebenssituationen kennengelernt. Jeder kann mitmachen.«

Schuld an der Lebensmittelverschwendung seien übrigens nicht nur die Konzerne, sondern auch die Verbraucher. »Der Kunde erwartet, dass sein Brot auch noch um 19 Uhr frisch gebacken wird«, so Tamme, »wen wundert es da, wenn Supermärkte Brot, Obst oder Gemüse wegwerfen, das noch genießbar ist, wenn sie den Platz für frischer aussehende Waren brauchen?« Für die Zukunft wünscht sich Stephan Tamme, dass foodsharing überflüssig wird, weil die Lebensmittelverschwendung aufhört. Vielleicht ist der leere Fair-Teiler an diesem Tag schon ein gutes Zeichen.