Kommentar: An Aging Europe in Decline? Nein, danke!

Von Varvara Stegarescu

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„Kümmer dich nicht drum, die Alte macht’s eh nicht mehr lange!“

 

„I’ve fallen and can’t get up” – mit diesem Satz fasste Arthur C. Brooks, Präsident des American Enterprise Institute, den aktuellen Zustand Europas zusammen. Die verheerende Diagnose wurde dem kranken Patienten Europa in einem Zeitungsartikel der New York Times (vom 7. Januar 2015) ausführlich erläutert. Nach einer scharfen und sehr reflektierten Analyse gab es für den amerikanischen Autor keine Zweifel: Wir hätten mit “an aging Europe in decline“ zu tun.

Die Probleme Europas seien in erster Linie demografischer Natur, so Arthur C. Brooks. Der durchschnittliche Europäer wird älter. Gleichzeitig werden immer weniger Kinder geboren. Nichtsdestotrotz: auch wenn wir demnächst in einer Welt leben würden, in der viele Menschen keine Geschwister, Cousinen, Tanten oder Onkel hätten, regt uns der Autor an, auf die Sonnenseite der Geschichte zu schauen: Wenigstens wird man zu Weihnachten weniger Geschenke kaufen müssen. Aus der Sicht Arthur C. Brooks wird Europa neben den demografischen Problemen mit einer besorgniserregenden Beschäftigungslage konfrontiert. Nur 57,7 Prozent der Europäer waren 2013 beschäftigt oder suchten eine Arbeit im Vergleich zu 62,7 stolze Prozent der Amerikaner. Der alte Kontinent wird gleichzeitig von fremdenfeindlichen Bewegungen geplagt. So wurde der Amerikaner bei der Beschreibung der Anti-Migranten-Ressentiments der Europäer dazu gebracht, Europa mit einem aufgebrachten Opa zu vergleichen, der Eindringlinge mit seiner Krücke bedroht und anschreit, damit sie sein Privateigentum verlassen – kein schönes Bild nebenbei bemerkt. Zum Schluss fasste der Autor zusammen: Ein Land oder ein Kontinent ist vom Niedergang bedroht, ”if it rejects the culture of family, turns its back on work, and closes itself to strivers from the outside“. An aging Europe in decline, also?

Ein befreundeter Zeitverfolger machte mich darauf aufmerksam, dass Arthur C. Brooks mit seiner Diagnose keineswegs Unrecht hat. Mein Protest, bei dem ich leistungsstarke Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie Dozentinnen und Dozenten erwähnt habe, bei dem ich meine positiven Erfahrungen als Osteuropäerin in Deutschland betont habe, bei dem ich meine Bewunderung für die Leistungsbereitschaft derjenigen, mit denen ich im FSJ, als Studentin oder Praktikantin zusammengearbeitet habe, überzeugte nicht. Mein Gesprächspartner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: „Ja, aber wen kennst du denn? Du kennst nur Studierende und Akademiker. Die Realität sieht aber anders aus.“ Möglicherweise – erwiderte ich, nichtsdestotrotz wurden schon immer die meisten Errungenschaften menschlicher Zivilisation von einer begrenzten Anzahl von Personen vorangetrieben. Von denjenigen, die nicht aufgeben wollen und nicht bereit sind, vermeintliche Grenzen zu akzeptieren, bevor man überhaupt versucht hat, nach Lösungen zu suchen. Nach mehreren Jahren Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrise in Europa, wird die heranwachsende Generation schon als „verlorene“ Generation gesprochen, von der Generation, die die Schuldenberge der EU-Staaten auf die Schulter tragen wird. Es ist von jungen Europäerinnen und Europäer die Rede, die vielleicht die letzten Atemzüge eines friedlichen Europas erleben und den zunehmenden Bedeutungsverlust Europas in der Welt achselzuckend hinnehmen werden.

Dass es momentan in Europa und auf der ganzen Welt unzählige Probleme und Herausforderungen gibt, ist keine Frage. Fraglich ist nur, warum reden alle so darüber, als ob bereits alles Mögliche versucht und getan worden wäre, damit Fortuna unser Europa noch mal anlächelt? Warum wird eine Generation für „verloren“ erklärt und dazu verdammt, in einem „aging Europe in decline“ zu leben, bevor wir überhaupt zu der Reife gelangt sind, bei der man sich den eigenen Möglichkeiten und Grenzen bewusst wird, und Verantwortung für das eigene Schicksal übernehmen kann? Und vor allem gedenkt man im Ernst, den jungen Heranwachsenden bereits den Stempel der Verweigerung, Familien zu gründen, in die Hände zu drücken? Gibt es Anhaltspunkte, zu behaupten, dass unsere Generation, die sich durch unbezahlte Praktika einen Platz in der heutigen Arbeitswelt sucht, keine leistungsstarken Arbeitnehmer oder Unternehmer hervorrufen wird? Ist das eine ernste Behauptung, dass gerade für unsere Generation, die das höchste Ausmaß an Mobilität in der Menschheitsgeschichte genießen darf, Fremdenfeindlichkeit eine Option darstellt?

Scharfe und sehr reflektierte Analyse beiseite, ich kann und werde dem Standpunkt von Arthur C. Brooks  nicht zustimmen. Dabei verfüge ich weder über die „besseren“ Argumente noch über die „besseren“ Erfahrungen. Ich verfüge lediglich über eine andere Perspektive auf die Zukunft Europas, auf unsere Zukunft. Für uns ist „an aging Europe in decline“ keine Option. Dafür haben die letzten Generationen bereits wichtige gesellschaftliche Konventionen durchbrochen und somit für uns andere Entwicklungschancen geschaffen, die es bisher in der Menschheitsgeschichte nicht gegeben hat.
Wie bereits erwähnt, bin ich mir bewusst, dass es momentan in Europa und auf der ganzen Welt unzählige Herausforderungen gibt, mit denen wir fertig werden müssen. Solange es aber wenigstens eine Handvoll Personen unserer Generation gibt, die sich den Herausforderungen unserer Zeit stellt, mache ich mir für dieses Europa keine Sorgen. Diese Handvoll Menschen gibt es bereits, und es hat sie in der Vergangenheit schon immer gegeben.

Varvara Stegarescu studiert Politik und Gesellschaft. Trotz aktueller Herausforderungen bleibt sie Optimistin.

Eine göttliche Komödie

Nach 26 Jahren schließt das Café Göttlich – Immer wieder müssen Bonner Traditionsläden schließen. Dafür kommen dann Adressen für Lifestyle oder digitale Surfspots in die Schaufenster. Milchkaffee in Perfektion wird man dort aber nicht finden. Ein paar Worte zum Abschied.

Von Laura Breitkopf

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Um Himmels Willen, über zwanzig Jahre Milchkaffee in Perfektion – und nun stehe ich vor einer Baustelle. Die göttliche Leuchtreklame ist abmontiert, „Räumungsverkauf“ steht noch an den Scheiben des angrenzenden Ladens. Anstelle eines müden Koffeinsuchenden trottet ein Bauarbeiter durch die Tür; wo ehemals runde Tische zum Leutegucken einluden, türmt sich Bauschutt im Container, ragt ein Kran bis über die Dachrinne. Ende der munteren Geselligkeit, die hier getobt hat, Ende des gemeinsamen Müßiggangs.

Bonner Kult- und Kulturstätten verabschieden sich langsam aus der Innenstadt, machen Platz für Boutiquen, in denen nur noch das videoanimierte Meer im Schaufenster hohe Wellen schlägt – 2010 musste schon das alte Pendel am Sternentor  nach 35 Jahren einem Neubau mit moderner Ladenzeile weichen. „Bonn schafft sich ab“, titelte damals das Stadtmagazin Bonnaparte, es wurden auch dort ein paar Tintentränen verdrückt, Traditionsverlust beklagt und auf Uniformität geschimpft. Dabei steht Bonn doch eigentlich für Tradition – traditionsreiche Universität, noch vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gegründet, traditionsreiche Theaterszene mit ebenfalls kurfürstlichen Wurzeln, und Beethoven, als wohl bekanntester Sohn der Stadt, ist gar noch im 18. Jahrhundert geboren. Kleine Perlen wie das Café Göttlich, das immerhin als „Igel“ schon Willy Brandt ein Begriff war, können von solchen Aufmerksamkeits-Dimensionen allerdings nur träumen.

Nun muss es einem weiteren Modegeschäft weichen. Investor ist Kent Hahne, seines Zeichens Mitbegründer der Restaurantkette Vapiano. Dessen Beratungsfirma Apeiron ist spezialisiert auf das Aufspüren vielversprechender Standorte in den Bereichen Restaurant, Retail und Freizeit. Direkt gegenüber leuchten in bunten Farben die abgeklebten Schaufenster der nur zehn Jahre nach der Universität gegründeten Buchhandlung Bouvier.

2004 erst hatte die zum Douglas-Konzern gehörende Thalia-Gruppe die insolvente Buchhandlung aufgekauft. Doch obwohl die Douglas Holding für „Handel mit Herz und Verstand“ steht, ist der Erhalt des Bonner Urgesteins anscheinend nicht zur  Herzensangelegenheit avanciert. Auf der Tür des ehemaligen Haupteingangs wird die Bouvier-Immobilie als „Bonns neue Adresse für Lifestyle“ angekündigt, gefolgt von gar fünf verheißungsvollen Pünktchen, die dem Slogan wohl einen Hauch Sexyness verleihen sollen. Der für Neuerungen stets offene Bonner ist natürlich gespannt auf das, was da kommt, möchte die freudige Erwartung gerne bei einem großen Milchkaffee auf sich wirken lassen und läuft fast den Bauzaun um, der ja nun die leere Caféhöhle absperrt, in der so göttlicher Wachmacher gebraut wurde.

Nur allzu leicht verfällt man in  nostalgisches Wehklagen. Ach, wie gebeutelt sind wir Bonner. Nach dem Bouvierschen Tod haben wir Blumen und Grabkerzen vor dem leeren Gebäude aufgetürmt, unsere Rheinkultur wurde uns genommen, unsere Klangwelle verbannt. Oh weh, oh weh. Jammern kann so schön sein. Und schnell ist dabei vergessen, dass die letzten Jahre uns auch kulturelle Schätze wie das Township geschenkt haben. Und einen Innenstadt-Supermarkt, na bitte. Stoßen wir also am Café-Roller an und flüstern gemeinsam und hoffnungsvoll das tröstliche Mantra karger Zeiten: „Das Sehnen ist göttlicher als das Finden.“ Habt Dank, ihr Schriftsteller und Poeten, ein schöneres Schlusswort hätte sich auch die Thalia-Presseabteilung nicht ausdenken können.

Editorial

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Das Studierendenparlament (SP) hat gewählt. Seit Mai 2014 ist ein neuer AStA im Amt, der vor allem eines ist: sehr männlich. Wieso sich so wenig Frauen unter den Vertretern finden, hat Jonas Janoschka, neuer AStA-Vorsitzender, im Interview (Seite 6) zu erklären versucht – dass es dennoch nicht an Zielen und konkreten Plänen mangelt, ebenso.
Ebenfalls im Mai fand die Berichtssitzung des SP statt: Der Versuch, Studierende und Hochschulpolitik durch Transparenz und Information einander näher zu bringen. So sinnig dieser Ansatz in der Theorie auch ist, so sehr ist diese Mission am 19. Mai gescheitert: Chaos, Alkoholkonsum und eine Live-Übertragung eines Pissoirbesuchs übers Funkmikrofon wurden hin und wieder durch die schrillen Ermahnungen des SP-Präsidiums unterbrochen, das unter dem Tisch aus einer McDonalds-Tüte naschte. Die ohnehin geringe Zahl an Gästen wurde durch das SP-Spektakel erfolgreich verprellt. „Hier komme ich nicht mehr hin“, fasst eine Besucherin des Abends ihre Eindrücke zusammen. Alles in allem kein überzeugender Auftritt und unter dem Banner des Selbstdarstellungs- und Vorstellungscharakter neben „fragwürdig“ auch ganz klar „peinlich“.

Fernab der Hochschulpolitik war die Redaktion auch wieder auf den Straßen Bonns unterwegs und hat sich diesmal der Betrachtung von Stromkästen, Laternenpfählen und Unterführungen gewidmet: Streetart ist überall in Bonn zu finden, sofern man die Augen dafür offen hält. „Smart phone, dumb people“, beschreibt ein Werk des Streetartkünstlers Dropix die aktuelle Entwicklung. Damit euch trotz Blick aufs Handy nichts entgeht, hat die akut einige Streetartpieces für euch gesammelt.

Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe wünscht

Julia Faber
(Chefredakteurin)

Meinungsbild & Stimmungsbild

Meinungsbild

Politisches Wasserlassen

Sitzungen des Studierendenparlaments (SP) sind häufig von Alkohol und Klamauk geprägt. Man ist schließlich unter sich, denn diese Abende unter zwanghaft Engagierten tut sich kein Unbeteiligter freiwillig an. Vorläufiger Höhepunkt: die Berichtssitzung des SP, auf der sich die Studentische Selbstverwaltung eigentlich besondere Mühe bei ihrer Selbstdarstellung geben wollte. Die Stimmung war derart ausgelassen, dass ein schlüpfrig-angetrunkener Jan Bachmann (Foto) irgendwann mit dem Funkmikrofon auf die Toilette verschwand und die Akustik seines Geschäfts – beeindruckend in Dauer und Volumen – in den Saal übertrug. Dass sein Beitrag an diesem Abend vergleichsweise viel Substanz hatte, ist bedauerlich für das Studierendenparlament. Jedoch ist Jan nicht der einzige Spitzenpolitiker mit ungeniertem Austritt: Auch Gregor Gysi (Linke) übertrug jüngst einen Pissoir-Besuch per Funkmikro in eine Podiumsdiskussion. Wie Gysi fährt Jan gern politisch klare Kante: Vor kurzem verließ er die Jusos und schloss sich der LUST an. Denn mit politischen Überzeugungen scheint es wie mit der eigenen Blase: Wenn der Druck zu groß wird, sollte man austreten.

Text/Foto: Torben Klausa

Stimmungsbild

Auf der Berichtssitzung wurde aus den verschiedensten AStA-Referaten und Gremien der Verfassten Studierendenschaft berichtet. Nach ausgiebiger Diskussion um einen BAStA-Artikel von Jan Bachmann (links im Bild) zwischen Vertretern des RCDS, dem AStA-Vorsitz und dem Autor höchstselbst (oben im Bild) konnten auch noch unter anderem die Referentinnen und Referenten fast aller AStA-Referate aus ihrer Arbeit berichten. Weiter ging es mit Berichten aus Gremien wie dem Senat und Fakultätsräten. In besonders stimmungsvoller Atmosphäre durfte Sven Zemanek berichten, was in letzter Zeit auf der Fachschaftenkonferenz beschlossen und erarbeitet worden war. Der Grund für das schummrige Ambiente: Das Saallicht war kurzzeitig ausgefallen. Zur heiß ersehnten AStA-Wahl kam es an diesem Tag nicht mehr, denn die Berichte hatten den Großteil der verfügbaren Zeit aufgebraucht, und dann wollten auch noch diverse Anträge behandelt werden. Die Wahl wurde dann eine Woche später nachgeholt.

Text: Sven Zemanek/Foto: Ronny Bittner

Arbeit im STW-Verwaltungsrat

Studentische Vertretung aktiv

Welche Aufgaben erfüllt der Verwaltungsrat des Studentenwerks Bonn (STW)?

Das Studentenwerk selbst erfüllt zahlreiche Aufgaben. Zu diesen gehören auch die Beköstigung in den Mensen, das Betreiben der Wohnheime und die Durchführung des BAföG.
Der Verwaltungsrat ist dabei sozusagen das „Kontrollgremium“ des Studentenwerkes, welches unter anderem die Satzung und die Beitragsordnung erlässt und ändert, Beschluss über den jährlichen Wirtschaftsplan fasst und die Tätigkeit der Geschäftsführung hinsichtlich der Grundsätze der Finanzierung und Wirtschaftsführung überwacht. Wir beide sind dabei insbesondere dafür zuständig, die Interessen der Studierenden innerhalb des Gremiums zu vertreten. Diese sind vielfältig und reichen von der Beibehaltung angemessener Preise in den Mensen über die Schadstoffsanierung in den Wohnheimen und über die schnelle Bearbeitung der Bafög-Anträgen bis hin zu kleinen Dingen wie der Errichtung von Fahrradständern vor den Wohnheimen.

Wie setzt sich der Verwaltungsrat zusammen?

Dem Verwaltungsrat gehören drei Studierende an: Wir beide für die Bonner Studierenden und Christoph Engels für die Studierenden der Hochschule Rhein Sieg, die ebenfalls per Gesetz dem Zuständigkeitsbereich des Bonner Studentenwerks zugewiesen wurde. Weiterhin gehören dem Verwaltungsrat ein Mitglied einer Hochschule im Zuständigkeitsbereich des Studentenwerks, eine Bedienstete des Studentenwerks, eine Person mit einschlägigen Fachkenntnissen oder Berufserfahrung auf wirtschaftlichem, rechtlichem oder sozialem Gebiet und ein Mitglied des Rektorats oder des Präsidiums einer Hochschule im Zuständigkeitsbereich an.
Diese Zusammensetzung kann jedoch zukünftig durch die anstehende Änderung des Studentenwerksgesetzes modifiziert werden.

Welche wichtigen Projekte stehen zukünftig an?

Es gibt zahlreiche wichtige Projekte, die zukünftig ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit verlangen. Exemplarisch kann man an dieser Stelle die Schadstoffsanierung in den Wohnheimen, den Bau des Wohnheimes Tannenbusch 2, die anstehende Sanierung der Mensa Poppelsdorf und die zukünftige Nutzung des „KMK-Gebäudes“, gegenüber der Mensa in der Nassestraße, nennen.

Wie kann man Kontakt zur studentischen Vertretung im Verwaltungsrat des STW aufnehmen?

Zunächst besteht die Möglichkeit uns über Facebook anzuschreiben. Bis dato wurden Anliegen auch über Mitglieder des Studierendenparlamentes an uns herangetragen.

Mehrwegbecher und Wasserspender

Der neue AStA-Vorsitz will konkrete Projekte umsetzen

Die Neuen sind da: Jonas, Nicolas und Lukas sind in den AStA-Vorsitz gewählt. „Auf Augenhöhe“ wollen sie arbeiten, „an die Arbeit des alten Vorstands anknüpfen“. Haben die drei mehr zu bieten als öde Phrasen?

Was kann der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (AStA) schon ausrichten? Die Sinnfrage der studentischen Selbstverwaltung reicht von mageren 13 Prozent Wahlbeteiligung bis zu einem Bekanntheitsgrad des AStA, gewissermaßen die Regierung der Bonner Studierendenschaft, der kaum über die hochschulpolitisch Aktiven hinaus geht. Dabei arbeitet das AStA-Team an vielen kleinen Projekten für die Bonner Studierenden – sei es mit einer eigenen Fahrradwerkstatt oder Initiativen gegen die Bonner Wohnungsnot. Nach den Wahlen zum Studierendenparlament Anfang des Jahres hat der AStA nun einen neuen Vorsitz. Und Jonas Janoschka (Grüne) sowie seine Stellvertreter Nicolas Hensel (Jusos) und Lukas Nüse (Piraten) wollen mit konkreten Projekten ihre Spuren im Amt hinterlassen.
„Man kann ganz viel und ganz tolles bewirken“, sagt Jonas über seine Tätigkeit als AStA-Vorsitzender. Etwa mit dem Projekt „Wohnen für Hilfe“, mit dem Studierende auf Wohnungssuche bei hilfsbedürftigen Menschen untergebracht werden sollen. Das Konzept hatte Jonas‘ Vorgängerin im Amt, Alena Schmitz, begonnen – der neue Vorstand will, dass es in seiner Amtszeit „ordentlich funktioniert“, sagt Jonas. Außerdem will Jonas sich mit seinem Team für kostenlose Wasserspender in den Mensen einsetzen. Ein Konzept, das, wie Jonas betont, „in Frankreich total üblich ist“. Hier sei der AStA bereits im Gespräch mit dem Studentenwerk, die Zusammenarbeit laufe ordentlich: „Die gehen gern auf unsere Ideen ein, wenn sie die auch nachvollziehen können.“ Außerdem sollen nach Möglichkeit Mehrwegbecher für den Kaffee in den Cafeterien angeboten werden. Alles keine Mammutprojekte, dafür „alles im Rahmen der Möglichkeiten“, sagt Jonas.
Im Endeffekt sei die Arbeit im AStA-Vorsitz eben doch eine „Verwaltungsaufgabe“, sagt Nicolas. Dass in der jetzigen Amtszeit ausschließlich Herren diese Aufgabe übernehmen, liegt ihnen zufolge schlicht daran, dass niemand sonst für diesen Posten Interesse ausgesprochen habe oder die Kandidatinnen schlicht zu unerfahren gewesen seien, erklärt Jonas: „Man kann nicht aus heiterem Himmel AStA-Vorstand werden.“
Ein Problem bei der Besetzung solcher Ämter sei häufig, dass im Bachelor-Master-System wenige die Zeit hätten, sich dauerhaft in den Gremien zu engagieren, sagt Jonas. „Es geht sehr viel Zeit drauf“, stimmt Nicolas zu, der sich selbst als „nicht so den großen Langzeitstudenten“ bezeichnet. Deshalb will das neue Vorstandsteam auch daran arbeiten, mehr Kommilitoninnen und Kommilitonen für studentisches Engagement zu begeistern. Wer Lust habe, eigene Ideen für die Bonner Studierenden zu verwirklichen, werde mit offenen Armen empfangen. Und im nächsten Jahr, so hofft der Vorstand, sieht dann auch das Geschlechterverhältnis wieder ausgeglichener aus.

Goodbye, goodbye, auf Wiedersehen

AStA-Königin dankt ab

Jemand geht und jemand kommt: „Circle of Life“, sagt Elton John. „AStA-Wahl“, sagt die Hochschulpolitik und bestätigt bei den im Mai durchgeführten Wahlen Jonas Janoschka als neuen ersten AStA-Vorsitzenden. Damit verabschiedet sich Alena Schmitz von der Grünen Hochschulgruppe nach fast zwei Jahren aus dem Amt.

Als Mitglied der Grünen Hochschulgruppe (ghg) ist Alena nach drei Monaten als Stellvertretende AStA-Vorsitzende unter Jakob Horneber im August 2012 erstmals zur Vorsitzenden gewählt worden. Dazu beizutragen, „die studentische Verwaltung am Laufen zu halten, den Studierenden zu helfen und ihnen zu zeigen, dass der AStA für etwas gut ist“, war von Anbeginn an Motivation für ihre Bemühungen.
Als größte Schwierigkeit hat Alena dabei immer die Unkenntnis vieler Studierender bezüglich der Strukturen und dadurch auch hingehend der eigenen Möglichkeiten empfunden. Dass dies vielen hochschulpolitischen Institutionen ähnlich ergeht, ist ihr dabei bewusst. Ebenso, dass dies die Arbeit des AStA maßgeblich verkompliziert. Diese Feststellung hat sie auch bereits zu Beginn der vergangenen Amtszeit getroffen: „Man kann oft beobachten, dass Studierende sich durch etwas gestört fühlen, aber nicht wissen, dass sie etwas dagegen unternehmen können.”
Außerdem beschreibt sie, dass auch bei Professoren Ressentiments gegen die Studierendenvertretung bestehen, besonders bei denen, „die Studierende allgemein für das Übel der Universität halten“.

Im Rückblick auf die Zeit im AStA-Vorsitz sieht Alena besonders die Fahrradwerkstatt als Highlight an. „Wer hätte gedacht, dass sie dann doch irgendwann fertiggestellt wird?“, so Alena in Erinnerung an die vielen Schwierigkeiten, die eine Inbetriebnahme immer wieder verzögerten. Ihr Fazit fällt daher umso freudiger aus: „Jetzt läuft sie ganz wunderbar!“ Trotz solcher Erfolge hat sich Alena bewusst gegen eine erneute Kandidatur entschieden. Sie habe das „jetzt lang genug gemacht, möchte mal raus aus der Verantwortung“; schließlich wolle man auch mal wieder etwas anderes machen. Aufgrund der vielen organisatorischen Aufgaben sei es im Vorsitz manchmal schwierig, sich rein inhaltlichen Aufgaben zu widmen. Umso mehr freut sie sich nun auf die Arbeit im Öffentlichkeitsreferat. Bei allem Engagement zeigt sie sich aber auch ganz menschlich: „Ich versuche natürlich auch, mich mal auf mein Studium zu konzentrieren.“

Man sagt, „das Amt lehrt den Mann“. Dass dies auch für Frauen gilt, hat Alena an sich selbst erlebt: „Ich weiß jetzt, wo man bei Problemen ansetzen muss und an wen man sich wenden kann. Und wenn etwas mal nicht funktioniert, sind teilweise eben die Strukturen dahinter schuld – die man ja theoretisch ändern kann. Es gibt Ansprechpartner und viele Menschen an der Universität, die sich mehr Kontakt und Informationen von den Studierenden wünschen, eben nicht nach dem Motto ‚Augen zu und durch‘ im Studium, sondern mit Rückmeldungen und Evaluationen.“

Traurig über das Ende der Amtszeit ist Alena nicht: „Bevor sich das noch fest fährt”, freut sie sich lieber auf neue Aufgaben.
Dem Vorsitz um Jonas Janoschka wünscht Alena vor allem eines: Konstruktivität. „Ich wünsche ihnen, dass sie sowohl die Arbeit untereinander als auch die Zusammenarbeit mit anderen – im SP, mit den Gremien, der Uni und dem STW – konstruktiv gestalten können.“

Das war‘s

Vermieter aus der Hölle gab es bereits 1966, wie dieser Auszug aus der damaligen akut nahelegt. Und auch für Eigenwerbung war sich die Redaktion damals nicht zu schade. Das Anforderungsprofil ist geblieben – und hübsche Beine haben unsere Redaktionsmitglieder auch noch.

Lotte hat nichts zu lachen

Krach ums Collegium musicum

Orchester, Chor, Big Band: Musik ist Teil des studentischen Lebens der Uni Bonn ‑ gewesen? Stück für Stück demontiert das Rektorat die Organisation der Ensembles. Doch die wehren sich nach Kräften.

„Lebe, liebe, lache, Lotte, lebe, liebe, lache, Lotte, lebe liebe, lache, Lotte“ – der Chor des Collegium musicum könnte das den ganzen Abend machen. Einsingen macht Spaß, die Stimmung ist gelöst. In diesem Moment merkt man den Mitgliedern gar nicht an, dass sie Exilanten sind, dass sie kämpfen müssen um ihren Chor. Auch von den wöchentlichen Aktiventreffen, den Pressemeldungen, dem Flashmob und dem Benefizkonzert ist hier nichts zu spüren.

Bis vor kurzem hatte die Uni Bonn ein Collegium musicum, bestehend aus mehreren Ensembles, unter anderem einem Orchester und einem Chor. Beide teilten sich einen Dirigenten, den Akademischen Musikdirektor.

Die gescheiterte Neubesetzung dieses Postens führte zu einem Zerwürfnis zwischen dem Rektorat der Universität und den Musikern, das wohl alle, die in den letzten Wochen in der Mensa waren, mitgekriegt haben.

„Da ist viel unglücklich verlaufen“, fasst es Chorsänger Elias Oltmanns prägnant zusammen. „Der Kandidat hat uns nicht recht überzeugt, außerdem ist uns aufgestoßen, dass wir keine Auswahl hatten.“ Bei der Besetzung wollte sich Uni-Rektor Jürgen Fohrmann zunächst auf eine Empfehlung verlassen und hielt ein Auswahlverfahren nebst Probedirigat nicht für nötig. Die Musiker sahen das anders und setzten wenigstens ein kleines Bewerbungsverfahren durch. Weit gedieh die Auswahlrunde nicht: Nachdem man sich nicht auf die Besetzung der Besetzungskommission einigen konnte, gab das Rektorat die Kandidatensuche im Konsens auf und machte sich wieder im Alleingang auf die Dirigentensuche. „Es ist einfach nicht wahr, dass die Findungskommission an den studentischen Vertretern gescheitert sei“, ärgert sich Elias: „Es gibt ja auch gute Gründe für ein solches Verfahren. Ist ja auch keine Erfindung des Collegium musicum, sondern Gang und Gäbe im musikalischen Betrieb.“

Aber auch die Uni-Leitung fühlte sich unfair behandelt. Der Rektor bescheinigte den Musikern in einem Zeitungsinterview „destruktive Energien“, stellte den Dialog ein und verkündete, den Fortbestand des Collegium als Ganzes zu prüfen. Um dem Missfallen des Rektors Nachdruck zu verleihen, oder auch, wie es hieß, aus haftungsrechtlichen Gründen, durften Chor und Orchester die Probenräume des Collegiums nicht mehr nutzen.

Für die Musiker kein hinnehmbarer Zustand: Und so stürzten sie sich in die Rettung des Collegium musicum. Einerseits ging es darum, die Probenarbeit für das kommende Semester sicherzustellen, ein Interimsdirigent musste engagiert, geeignete Räume im Exil gefunden werden.

Um die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen, gründeten sie die Initiative „Generalpause – nein danke!“, nebst Homepage und Facebook-Auftritt. „Mit unseren Aktionen mussten wir den Spagat schaffen: Einerseits sollten die Leute merken, hier brennt die Hütte, das ist wirklich ernst. Andererseits durften wir uns den Weg zu einem klärenden Gespräch nicht verbauen.“ Die Lösung: ganz viel Musik.

Zunächst organisierten die studentischen Aktivisten einen musikalischen Flashmob auf der Bonner Hofgartenwiese in Hörweite des Rektorates. Dann, eine Nummer größer, wurde ein Benefizkonzert in Angriff genommen. Gespielt werden sollte, wie passend, ein Requiem.

Ein erheblicher Aufwand für die beteiligten Studierenden, die eigentlich nur fürs wöchentliche Musizieren zu den Ensembles gestoßen sind. „Es ist ja nicht so, dass jemand hier darauf gewartet hat, endlich externe Proben zu organisieren oder sich nur noch fürs Collegium musicum engagieren zu können“, so Elias, „Wir haben alle auch noch anderes zu tun.“
Schon bald werden die Musiker wieder mehr Zeit haben. Wenn das Semester vorbei ist, wird auch ihre Zeit im Exil enden. Die Proberäume und die Aula werden wieder zur Verfügung stehen, die Konzerte müssen nicht mehr in Eigenregie organisiert werden.

Als Sieger fühlen sich die Studierenden aber nicht. „Ihr“ Collegium musicum als Marke wurde vom Rektorat abgeschafft, die Musiksparte geht als Säule in einem neugegründeten „Kulturforum“ auf. Mit Jörg Ritter wurde ein neuer Dirigent berufen, von dem sie bisher kaum mehr als den Namen wissen.

Elias: „Bei der Vorgeschichte startet er natürlich mit einer Hypothek. Dafür kann er nichts, und ich werde auch bei den anderen dafür werben, ihm eine Chance zu geben.“
Es nützt ja alles nichts. Der Chor wird das Semester noch mit seinem Interims-Dirigenten Ansgar Eimann zu Ende bringen. Auch das standesgemäße Semesterabschlusskonzert wird stattfinden. Dafür müssen sie weiter üben. Wenigstens da hat Lotte noch zu lachen, lieben und leben.

Konzert

Am Mittwoch, 9. Juli, 19:30 Uhr in Sankt Elisabeth, Schumannstraße, und am Donnerstag, 10. Juli, 19:30 Uhr in Sankt Marien, Adolfstraße, findet das Semesterabschlusskonzert des Chores statt. Gesungen werden geistliche A cappella-Werke des 19. und 20. Jahrhunderts, der Eintritt ist frei.

 

Fohrmann als Obama

Ein Kommentar von Hanno Magnus

Gegen Ende seiner Amtszeit schaut ein Politiker nicht mehr auf einzelne Stimmungen, sondern nur noch auf seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Es ist gut vorstellbar, dass sich Rektor Fohrmann mit der Neugliederung der Kulturlandschaft der Uni Bonn ein Denkmal setzen wollte.

Mit seinem Kommunikationsverhalten hat er sich dann gleich mit einer wichtigen Säule des neuen Konzepts verkracht: den Musikerinnen und Musikern. Besonders clever war das nicht, haben Chor und Orchester doch nicht nur eine illustre Schar von Ehemaligen, sondern auch viele Fans – die meisten in einem Alter, in dem man viel Zeit für Leserbriefe an den Generalanzeiger hat.

Nicht viel los mit Denkmal, erstmal. Allerdings spielt dem Rektorat die hohe Fluktuation in den Ensembles in die Hände. In zwei Jahren wird ein Großteil der Belegschaft die Initiative „Generalpause – nein Danke“ nur noch aus Erzählungen kennen.