Das Spiel der Helden

JUGGER – DAS SPIEL Wer öfter einmal am Hofgarten vorbeikommt, der hat sie bestimmt schon einmal gesehen: Grün gekleidete Gesellen, die sich scheinbar mit Morgensternen und übergroßen Wattestäbchen bewaffnet duellieren. Doch hinter dem scheinbaren Chaos steckt ein Spiel von Geschwindigkeit und Präzision.

VON MAX DIETRICH

Der Sport, um den es sich hier dreht, heißt Jugger und entspringt ursprünglich einer australischen Filmvorlage mit dem wunderbar epischen Titel „The blood of Heroes“. In diesem Film, der vom Stil her wie einer der frühen „Mad Max“-Filme anmutet, finden die Bewohner einer post-apokalyptischen Welt kurzfristige Zerstreuung durch „das Spiel“, eben dem Ursprung von Jugger. Daraus wurde Anfang der 90er in Heidelberg im Zuge eines Live-Rollenspiels ein realer Sport entwickelt, der sich mitwerweile in ganz Deutschland verbreitet hat. Gespielt wird Jugger auf einem rechteckigen Feld von 40 Metern Länge mal 20 Meter Breite, bei dem die Ecken jedoch ausgespart werden. Ein Spiel ist in Spielzüge unterteilt, zu deren Beginn sich die Spieler an den Grundlinien aufstellen, und der Ball, genannt „Jugg“, in der Mitte platziert wird. Ein Spielzug endet, wenn es einem der Teams gelingt, den Jugg in das gegnerische „Mal“, also das Tor, zu stecken. Während eines Spielzugs verstreicht fortlaufend die Gesamtspielzeit, die in „Steinen“ gemessen wird. Ein Stein dauert 1,5 Sekunden, ein Spiel dauert 100 Steine. Zwischen den Spielzügen jedoch bietet sich für die Teams Gelegenheit für Strategiebesprechungen oder Positionsänderungen, so dauert eine Partie insgesamt etwa 20 bis 30 Minuten Es treten zwei geschlechtergemischte Mannschaften à 8 Spielern gegeneinander an, von denen jedoch nur 5 gleichzeitig an einem Spielzug teilnehmen. In jedem Spielzug stellt einer davon den Läufer, der als einziger den Jugg bewegen darf. Die anderen Spieler sind mit den typischen Waffen, den Pompfen, ausgerüstet, und verteidigen den Läufer vor dem gegnerischen Team. Die Pompfen sind gepolsterte Keulen in verschiedenen, festgelegten Längen, desweiteren gibt es Rundschilde und eine morgensternartige Kette. Wird ein Spieler von einem gegnerischen Pompfen getroffen, muss er sich für eine gewisse Zeit hinknien und darf nicht am Spielgeschehen teilnehmen. Es gewinnt das Team, das nach Verstreichen der Spielzeit die meisten Punkte durch Platzieren des Juggs in das Mal erzielt hat. Was dabei herauskommt ist ein Sport, der gleichzeitig Geschwindigkeit und Präzision erfordert. Den Spielern muss es gelingen, das gegnerische Team durch Niederhaltung zu kontrollieren und dem eigenen Läufer das Punkten zu ermöglichen,

Wir haben die Juggmen am 04.12.2016 bei ihrem Training im Hofgarten besucht und dem stellvertretenden Vereinsvorsitzenden Jonas Breull-Wierschem einige Fragen gestellt.

AKUT Wie kam es zur Gründung der „Flying Juggmen“?

JONAS Die Juggmen wurden 2012 von Bonner Studierenden gegründet, die sich damals die Ausrüstung aus Münster besorgt hatten. Damals waren es nur fünf bis sechs Leute. Seit August sind wir ein eingetragener Verein, allerdings unter dem Namen Jugger Bonn-Rhein-Sieg.

AKUT Wie würdest du Jugger kurz und knapp beschreiben?

JONAS Wir beschreiben Jugger immer als eine Mischung aus Rugby und Fechten. Das Zusammentreffen in der Mitte des Feldes ähnelt dem Rugby. Allerdings kommt es dann beim Kampf mit den Pompfen viel mehr auf Präzision und Geschwindigkeit an als auf Kraft, das hat viel mit dem Fechten gemeinsam. Aus Sicht der Läufer kommen dann noch Aspekte des Ringens hinzu, wenn sie um den Jugg kämpfen.

AKUT Was macht die Faszination von Jugger aus?

JONAS Zum einen die Vielseitigkeit. Jugger verbindet Elemente des Schwertkampfs, die ja eine gewisse archaische Faszination ausüben, mit einer Mannschaftssportart. Man kann Jugger nur zum Spaß spielen, oder sich professionalisieren und bei Turnieren antreten, wie wir das tun. Zum anderen ist es ein sehr faires Spiel. Bei Turnieren gibt es zum Beispiel vier Schiedsrichter, die genau gucken, wann jemand getroffen wurde.

AKUT Die Juggmen spielen in der Jugger-Liga und nehmen an Turnieren teil. Wie muss man sich das vorstellen?

JONAS Es gibt ein Ranking-System mit allen Mannschaften, die jemals ein Turnier besucht haben. Davon sind vielleicht 200 Mannschaften aktiv, die meisten davon aus Deutschland. Je nachdem, wie eine Mannschaft auf verschiedenen Turnieren dann abschneidet, wird sie in diesem Ranking eingeordnet. Wir belegen dort im Moment Rang 16, das ist schon ziemlich stark.

AKUT Jugger ist ja eine vergleichsweise junge Sportart. Wie siehst du die Entwicklung der letzten Jahre?

JONAS Es ist toll zu beobachten, wie Jugger an Bekanntheit wächst. Es entstehen überall neue Teams, die Turniere werden größer, alles wird insgesamt professioneller. Auch bei uns hat sich einiges getan, durch die Gründung des Vereins haben wir jetzt beispielsweise Zugang zu einer Halle, in der wir Trainieren können.

AKUT Was für Reaktionen bekommt ihr denn, wenn ihr hier in Öffentlichkeit trainiert?

JONAS Die meisten Leute sind einfach interessiert. Es macht auch viel aus, dass wir unsere eigenen Trikots haben, so sieht alles natürlich schon mal etwas professioneller aus. Wir beantworten immer gerne Fragen; die meisten Leute sind zum Beispiel überrascht, wie leicht so eine Pompfe in Wirklichkeit ist.

AKUT Wenn man Interesse hat, bei euch mitzumachen, kann man da einfach vorbeikommen?

JONAS Ja, auf jeden Fall, wir freuen uns immer über neue Leute. Wir trainieren immer sonntags ab 13 Uhr im Hofgarten und Donnerstag abends in einer Halle, wo ab dem kommenden Jahr auch Vereinsexterne mit rein dürfen. Außerdem bieten wir donnerstags um 16 Uhr auf der Poppelsdorfer Allee ein Kindertraining an, natürlich dann mit etwas kleineren Pompfen.

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