G’schichten aus dem Hofgarten

HOFGARTEN-HISTORIE  Mein Freund, der Rasen: Wenn die Hofgartenwiese sprechen könnte, würde sie uns die bewegendsten, haarsträubendsten Geschichten erzählen. Von Kartoffeln, einer halben Million Füße und Willy Brandt.

VON EVA FÜRST

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Der Bonner Hofgarten mit Hauptgebäude (Foto: Alexander Grantl / AKUT)

Samstagmorgens, acht Uhr: das Gras auf der Hofgartenwiese ist noch ein wenig nass. Hundebesitzer stehen gähnend in Grüppchen zusammen und werfen Bälle, die dann von ihren Hunden begeistert gejagt werden. Vereinzelt zeugen kleine Müllhaufen von dem lebendigen Abend, den die Parkwiese vor wenigen Stunden erlebt hat. Im Sommersemester sieht man den Hofgarten selten leer – wann immer es das Wetter und der Stundenplan erlaubt, tummeln sich Grüppchen von Studierenden, junge Familien, Schüler, Sportgruppen, Rentner, Menschen die ihre Hunde lüften, Gitarrenspieler, Jongleure und Slackliner im Park vor dem Hauptgebäude. Trotz unmittelbarer Nähe zur Innenstadt ist die Wiese ein Ort der Entspannung, der jedem in Bonn bekannt ist. Doch wie gut kennt man den Hofgarten wirklich? Die Uniwiese hat faszinierende Geschichten zu erzählen – hier eine Auswahl.

Studierende, die vor 2012 angefangen haben in Bonn zu studieren, erinnern sich vermutlich noch an das Parkhaus, das unter dem Rasen liegt. Die Einfahrt in Rheinnähe ist seit 2012 mit einer Kette verhangen; die ebenfalls gesperrte Ausfahrt in der Nähe des Kaiserplatzes ist vermutlich etwas bekannter, da der Kaffeeroller sich direkt daneben befindet. Angeblich soll die Garage 2017 wieder eröffnet werden, bis dahin muss die Zwischendecke noch komplett erneuert werden.

Wer in den 1980ern schon in Bonn unterwegs war, wird mit dem Hofgarten die Friedensbewegung und die damit einhergehenden Demonstrationen verbinden. Am 10. Oktober 1981 versammelten sich rund 250.000 friedliche Demonstranten aus ganz Westdeutschland auf der Uniwiese, um ihrer Unzufriedenheit mit dem NATO-Doppelbeschluss Ausdruck zu verleihen. Es war die bis dato größte Demonstration ihrer Art in der jungen Bundesrepublik Deutschland. Und auch die friedlichste, mit nur elf Verhaftungen wegen leichter Vergehen. Die Demonstranten forderten die damals noch nahe residierende Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt auf, die Aufrüstung mit Atomwaffen im Rahmen des Kalten Krieges zu stoppen. Während Redner wie Schriftsteller Heinrich Böll sich öffentlich solidarisch mit der Friedensbewegung zeigten, tauchten einige Mitglieder der SPD lieber in der Menge unter, da ihnen unter anderem mit dem Parteiausschluss gedroht wurde. Zwei Jahre später versammelten sich erneut 200.000 Demonstranten zum Höhepunkt der Proteste, um der Hauptkundgebung zu lauschen. Unter ihnen waren mehrere Bundeswehrsoldaten in Uniform, die ihrem Frust über die deutsche Politik im Kalten Krieg Ausdruck verliehen. Wieder sprach Heinrich Böll, es waren Aktivisten aus den USA angereist, die schon bei der Menschenrechtsbewegung der sechziger Jahre dabei waren. Nun war auch Willy Brandt auf der Bühne, um Kanzler Schmidt heftig zu kritisieren. Der Hofgarten bot den nötigen Platz, das Universitätshauptgebäude die Atmosphäre für den Protest gegen Aufrüstung, Krieg und blinden Zorn.

Diese Demonstrationen sind der Grund, warum der Hofgarten in die Route des »Weges der Demokratie« aufgenommen wurde. Sie sind Ende der achtziger Jahre allerdings auch Anlass dafür, die Hofgartenwiese für Großveranstaltungen wie Demonstrationen zu sperren – die Universität hatte sich vor Gericht das Hausrecht über den Platz erstritten und entscheidet seither darüber, welche Veranstaltungen vor dem Hauptgebäude stattfinden dürfen. Demonstrationen gehören nicht mehr dazu. Doch der Hofgarten hat auch dunkle Zeiten gesehen. Während der NS-Diktatur fanden hier Aufmärsche statt, während und kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die ehemals dekorative Parkwiese als Kartoffelacker genutzt, um die hungernde Bonner Bevölkerung zu ernähren.

Wie bereits erwähnt: Dies ist nur eine Auswahl der Ereignisse, die auf dem und um den Hofgarten herum stattfanden. Und auch, wenn es den meisten Bonnern nicht bewusst ist, dass ihre grüne Oase in der Innenstadt auch ein geschichtsträchtiger Platz ist: Die Wiese bleibt durch sie doch ein belebtes Zentrum des Stadtgeschehens, und wird als solches vielleicht sogar irgendwann wieder Schauplatz eines historischen Ereignisses.


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