Neues Album – »Saloontüre aufknallen, reinstapfen, Theke besetzen, zahlreiche Drinks auf ex trinken, Rauferei anfangen, ein Schlachtfeld hinterlassen, Spaß haben und den Mann am Klavier nicht erschießen!« – so beschreiben »Die Blümchenknicker« ihr neues Album. Zurecht?
von Florian Eßer
Die Blümchenknicker: Allen Studierenden, die nicht hinter dem Mond, sondern in Bonn und Umgebung leben, sollte dieser unkonventionelle Name und die Band dahinter ein Begriff sein. Sei es, weil man bereits Fan der ersten Stunde ist, weil die AKUT schon einmal über sie berichtete (Winter 2014/15 Nr. 335), oder aus dem simplen Grund, dass die Gruppe Bonns »Most Mucke Truppe« ist.
Am 23. Oktober veröffentlichte die musikalische Großfamilie (22 Bandmitglieder) ihr neues Album »Nachwürzen«. Bei der Platte liegt die Würze aber nicht unbedingt in der Kürze, denn mit 14 Songs übertrifft die Scheibe so manches »Wir haben schnell ein paar Lieder hingeschmiert«-Produkt der großen Musikmogule Universal und Co.
In den Songs, die Titel tragen wie »Ponyhof« und »Katastrophenpornographie«, besingen Bender Corleone Flowers, Klabautermann, Fidel Frenzy und die zahlreichen weiteren Blümchenknicker den »alltäglichen Wahnsinn«, der in ihrer Performance aber schnell einmal zu etwas »zwischen künstlerischer Politik und politischer Kunst« werden kann.
Wie darf man sich denn den diesen Wahnsinn innerhalb einer so mitgliederstarken Gruppe vorstellen? »Alle haben sowieso schon auf dem Schirm, dass ein kollektiver Kompromiss gefunden werden muss«, lautet die kollektive und kompromisslose Antwort der Blümchenknicker. Die Arbeit am Album war »ein demokratisches Auspendeln von Vorschlag, Veto und Gruppenbeschluss«, heißt es weiter. Nun, das klingt jetzt doch wieder recht politisch. Aber keine Sorge: Die Songs halten neben Gesellschaftskritik und Nachdenklichkeit nicht nur Futter für die oberen Körperregionen bereit, sondern auch für die tieferen. …? Nee, noch tiefer!
Im Endeffekt ergibt sich im musikalischen »Hexenkessel« nämlich ein »biologisch abbaubares 2-Phasen-Menu – erst für die Beine, dann für den Kopf«. Wer politikverdrossen ist, der kann zu den Songs also auch einfach das Tanzbein schwingen.
Somit steht Bonns Most Mucke Truppe »in den Startlöchern, um Hirne und Hintern zum Wackeln zu bringen«, wie sie auf ihrer Facebook-Seite verkündet. Dabei muss wiederum kein Kompromiss gefunden werden. Es kommt sowohl auf den Hintern, als auch auf das Gehirn an – da unterstehen die beiden Körperregionen quasi einer biologischen Determiniertheit: »Da Musik auf dem Weg zwischen Ohrmuschel und Unterleib am Hirn vorbei muss, richtet sie dort eigentlich immer irgendetwas an«, sagt Sänger und Gitarrist Bender Corleone Flowers. Klingt logisch, muss stimmen. Was die Musik letztendlich anstellt, davon kann sich dann jeder beim Hören des Albums selbst ein Bild machen. Dabei sollte aber unbedingt das Band-Statement zur Lage der Nation 2015 berücksichtigt werden: »Weniger meckern, mehr mögen«. Ausführlich erklärt soll das heißen: »Unzufriedenheit entsteht beim Einsumpfen in der eigenen Denkblase… daraus entsteht irgendwann ein Impuls, sich in seinem Gemecker im Kreis zu drehen – manche machen da einen echten Volkssport draus, und am Ende solcher Ungeselligkeit bleibt schnell die Menschlichkeit auf der Strecke…und meistens stellt man dann ja doch fest, dass der andere gar nicht so übel is – unpassend vielleicht, aber nicht übel. Wenn man sich dann noch anschaut was zur Zeit in Zeitungskommentaren und sozialen Netzwerken abgeht, sieht man schnell: Dieses Land kann im Moment viel Anti-Antipathie-Party gebrauchen!«. Den gleichnamigen Song zu dieser Party findet man ebenfalls auf dem Album. Wen man dort allerdings (noch) nicht finden kann, das ist der Wunsch-Gastmusiker der Gruppe: Klapp-Klapp-Klapperstrauß Helge Schneider. ◄